Autobahnanschlüsse: Treu und Glauben

Neue Autobahnanschlüsse in der Ostschweiz stehen hoch im Kurs. Der am weitesten Fortgeschrittene ist der Anschluss Witen in Rorschach, gefolgt vom Anschluss Güterbahnhof in der Stadt St.Gallen.
Weiter weg sind der Zubringer Appenzellerland und die Bodensee-Thurtalstrasse quer durch den Thurgau.

Alles in Allem Ausbauvorhaben von mehreren Milliarden. Die Grundlage für diese Ausbauten sind Schätzungen über eine Verkehrszunahme von rund 20% auf diesen Strassen. Angesichts der zu erwartenden Bevölkerungszunahme irgendwie noch nachvollziehbar.

Schauen wir aber erstmal auf den Anschluss Witen in Rorschach, für den der Bund grünes Licht gegeben hat. Gebaut werden soll er in etwa 7 Jahren und er soll in erster Linie die Hauptstrasse der Gemeinden Goldach und Rorschach entlasten. Zugegeben, es klingt logisch, das es zu einer Entlastung kommt. Hat aber auch schon jemand kritisch nachgefragt wie sich Bund, Kantone und Gemeinden die zukünftigen Verkehrsflüsse vorstellen? Auf was beruhen diese Aussagen zu den zukünftigen Verkehrsflüssen? Sind es die hochgerechneten Verkehrszählungen? Gibt es Verkehrssimulationen mit Hilfe moderner Technologien wie künstlicher Intelligenz?

Wir wissen es nicht, denn hier herrscht Funkstille.

Auf eine Nachfrage nach solchen Verkehrsmodellen und Verkehrssimulationen in der Stadt St.Gallen gab es lediglich vertröstende Worte mit dem Hinweis, dass „Normalsterbliche“ nicht in der Lage seien, solche Modelle zu interpretieren. Das mag sein, nur wüssten wir dann wenigstens wie sie funktionieren, auf welchen Grundlagen sie entstanden sind und mit welchen Auswirkungen zu rechnen ist.

Das alles läuft hinter verschlossenen Türen ab. Wir müssen den Verkehrsplanern und Spezialisten vertrauen, dass die eingesetzten Milliarden auch tatsächlich die gemachten Versprechungen erfüllen werden. Reicht das aus? Aus meiner Sicht definitiv nicht!

Ich versuche schon seit Jahren hier Licht ins Dunkle zu bringen. Die Antworten die ich bislang bekommen habe, werfen aber eher ein schummriges Licht auf die Angelegenheit:

Derzeit wird das Verkehrsmodell im Perimeter St.Gallen-Bodensee im Auftrag des Kantons St.Gallen
aktualisiert. Als Referenzjahr wird coronabedingt das Jahr 2019 verwendet. Zudem werden Prognosen
mit Szenarien für die Jahre 2040 und 2050 erstellt.

Interpellation glp/jgpl-Fraktion: Verkehrserhebung und Modellierung Engpassbeseitigung

Diese Antwort hat uns die Stadt St.Gallen im Rahmen der Interpellation „Interpellation glp/jgpl-Fraktion: Verkehrserhebung und Modellierung Engpassbeseitigung“ mitgeteilt. Das heisst nichts anderes, als das der Kanton die Verkehrsmodelle überarbeiten lässt. Sämtliche Planungen, seien es Rorschach, Güterbahnhof, Zubringer Appenzellerland oder die Bodensee-Thurtalstrasse basieren folglich auf „veralteten“ Modellierungen. Und dennoch traut man sich, klare Aussagen zu Verkehrsentlastungen zu machen. Wie zum Beispiel hier:

Der Zubringer Appenzellerland hat gemäss Prognose für die Stadt St.Gallen in Winkeln eine spürbare
Verkehrsentlastung der Zürcher Strasse sowie der Appenzeller Strasse zur Folge. Auf die Innenstadt
sowie die Teufener Strasse sind hingegen nur minimale Entlastungen zu erwarten.

Einfache Anfrage Marcel Baur: Auswirkung „Zubringer Appenzellerland“ auf die Teilspange Güterbahnhof

Eine Entlastung ist folglich nur örtlich zu erwarten. In einem grösseren Perimeter (Hier die Fahrten ins Appenzellerland) scheint man keine Aussagen machen zu wollen.

Noch spezieller wird es dann mit der Bodensee-Thurtalstrasse, die bis nach Arbon führen soll. Diese wird eine massive Änderung für die A1 zwischen Winterthur und Bodensee zur Folge haben. Sie wird aber in den Planungen nicht berücksichtigt sondern läuft „nebenher“. Sollte sie jemals gebaut werden, wäre dann der Ausbau der A1 am Ende gar nicht notwendig?

Wer von einer massiven Verkehrszunahme spricht, wer grosse Pläne für die Ostschweizer Autobahnlandschaft herumreicht, der sollte sich auch Gedanken machen, wie der Verkehr sich in Zukunft verteilen könnte. Angesichts der Milliardenbeträge würde es sich lohnen hier endlich eine Gesamtschau durchzuführen, so dass es auch die Bewohner der Region nachvollziehbar ist. Die technischen Mittel sind vorhanden, ob sie eingesetzt werden, keine Ahnung! So bleibt es was es ist. Autobahnausbau, der auf Treu und Glauben beruht.

Für die heutige Situation eigentlich ein absolutes No-Go und wir Bürger sind aufgefordert hier handfeste Aussagen zu fordern! Denn meine Logik sagt, je mehr Strassen, desto mehr Verkehr. Denn je mehr Entlastung einzelne Abschnitte bekommen, desto attraktiver wird es für Autofahrer. Am Ende steht jedoch immer eine Ausfahrt, eine Reduktion von 3 Spuren auf 1 Spur und eine „Feinverteilung“ des Verkehrs in die Wohn- und Industriequartiere. In den Ortschaften aber gibt es aber nicht mehr Platz, dieser Engpass, dort wo die Menschen arbeiten und leben, der bleibt bestehen. Aber das ist nur meine Logik, solange mir niemand das Gegenteil aufzeigen kann, werde ich mich dafür einsetzen, diesem Ausbauwahn soweit als möglich zu stoppen!

Gespannt warten wir jetzt auf die Antwort des Stadtrates auf die Interpellation „Interpellation Marcel Baur, Peter Olibet und Christian Huber: Auswirkungen Anschluss Güterbahnhof auf den öffentlichen Verkehr

Und ja, es gibt diese Dienstleistungen mit sehr weit gefassten Verkehrsprognosen. Inklusive künstlicher Intelligenz basierend aucf Echtzeitmessungen. Zu teuer? Angesichts der immensen Kosten des Betons, der verbaut wird, ein Klacks!

Und übrigens, unsere sogennante intelligente Verkehrssteuerungen haben in der Umsetzung etwa das Niveau von Scratch für 10 jährige Schülerinnen und Schülern 🙈 Ihr glaubt mir nicht?
Hier, bitte schön