Der Velo-Wille zählt
In den letzten Tagen hatte ich insbesondere auf Twitter einige Diskussionen zum Thema Velo in der Stadt St.Gallen. Ich bin der Meinung, der Stadtrat vernachlässigt den Volkswillen und zeigt sich gegenüber dem Autoverkehr viel zu nachsichtig. Dabei wäre der Stadtrat den Velofahrern verpflichtet. Ich habe dazu die wichtigsten Punkte ab 2009 aufgelistet:
Reglement für eine nachhaltige Verkehrsentwicklung
(Städteinitiative)
Am 7. März 2010 hat die Stadt darüber abgestimmt und die Inititiative mit 59% angenommen
Zitate aus der Abstimmungsvorlage:
Konkret bedeutet dies, dass der motorisierte Individualverkehr nicht weiter zunehmen und der künftige Verkehrszuwachs möglichst vollständig mit dem öffentlichen Verkehr und dem Fuss- und Veloverkehr bewältigt werden soll. Die Stadt muss dazu die eigenen Möglichkeiten ausschöpfen, aber auch mit Dritten – Region, Kanton, Bund, Verkehrsunternehmungen, etc. – zusammenarbeiten.
Abstimmungsunterlagen
Der Fuss- und Veloverkehr wird mit einer Vielzahl von kleineren, aber in der Summe wichtigen Einzelmassnahmen gefördert. Dazu gehören zum Beispiel attraktive, sichere und durchgehende Fuss- und Velowegverbindungen in der ganzen Stadt und in den Naherholungsgebieten, privilegierte und ungefährliche Überquerungen von Strassen mit entsprechenden Übergängen und Lichtsignalsteuerungen, Velospuren und Velowege, eine grosse Zahl von Veloabstellplätzen, etc.
Abstimmungsunterlagen
Mobilitätskonzept 2040
6 Jahre später, am 23.2.2016 wurde das Mobilitätskonzept 2040 verabschiedet. Dieses resultierte zu einem grossen Teil auch aus der Intitiative „Reglement für eine nachhaltige Verkehrsentwicklung“
Zitate aus dem Mobilitätskonzept:
Die verschiedenen Verkehrsträger sind in geeigneter Form zu entflechten und gleichzeitig optimal zu vernetzen.
Mobilitätskonzept 2040
Der Motorisierte Individualverkehr wird plafoniert und somit auf einem
Mobilitätskonzept 2040
stadtverträglichen Mass gehalten, damit neben den Umweltvorschriften (Lärm und
Luftschadstoffe) sowohl die Anliegen des Reglements für eine nachhaltige Verkehrsentwicklung als auch des städtischen Energiekonzepts erfüllt werden können
Bei den notwendigen Abwägungen ist aus gesamtstädtischer Sicht der ÖV als wichtigste und der Langsamverkehr als die zweitwichtigste Verkehrsart zu priorisieren. An ausgewählten Orten (zum Beispiel Kerngebiete mit hohem Fussgängeraufkommen) erhält der Fussgängerverkehr die erste Priorität.
Mobilitätskonzept 2040
Aus dem Flyer zum Mobilitätskonzept
Der Veloverkehr soll also VERDOPPELT werden. Das dies nur mit sicheren und durchgehenden Velwogene ohne künstliche Behinderung umsetzbar ist, dürft wohl jedem klar sein.
Mobilitätsinitiative
Am 4.3.2018 versuchte ein bürgerliches Komitee mit Hilfe der Mobilitätsinititative die Abstimmung der Städteinitiative resp. das Reglement für eine nachhaltige Verkehrspolitik rückgängig zu machen. Das Vorhaben scheiterte krachend mit 69% Ablehnung und bestätigte damit den Auftrag der Stadt, das Mobilitätskonzept 2040 umzusetzen
Bundesbeschluss über die Velowege sowie Fuss- und Wanderwege
Am 23.9.2018 hat das Schweizer Stimmvolk dem Bundesbeschluss (Gegenvorschlag zur Veloinitiative) mit 71% zugestimmt. Die Stadt St.Gallen sogar mit 75 %!
Ganz aktuell, am 13.5.2020 hat der Bundesrat das zugehörige Veloweggesetz beschlossen. Damit wird in Zukunft auch der Kanton St.Gallen in die Pflicht genommen, die Stadt entsprechend zu unterstützen.
Zitat aus dem Bundesratsbeschluss:
Der Bau von Velowegen bleibt Aufgabe der Kantone. Sie haben künftig aber die Pflicht, Velowege verbindlich zu planen und für ein zusammenhängendes und sicheres Velowegnetz zu sorgen.
Medienmitteilung UVEK
Fazit
Es geht also bei den Velowegen nicht um irgendwelche Nice to Have Wènsche, sondern es gibtklare Volksentscheide auf städtischer Stufe und neu sogar auf Stufe Bund, die umzusetzen sind! Dafür ist der Stadtrat verantwortlich und die planenden und umsetzenden Dienststellen haben sich daran zu halten. Der Stadtrat muss seine Mitarbeiter beaufsichtigen und wo nötig eingreifen. Gleichwohl liegt es aber auch am Stadtparlament, hier wachsam zu sein.
Leider wird diesen Umständen zu wenig Rechnung getragen:
Prominentestes Beispiel: Die durchgängige Veloroute durch die Stadt, welche jetzt vom 3. Programm ins 4. Programm verschoben werden soll und zudem neu 30 Millionen statt 8 Millionen kosten soll.
Es gibt nicht viel Spielraum. Die geplanten Projekte müssen endlich angegangen werden. Die Stadt hat sich dazu selber verpflichtet. Es geht aber nicht nur um den Platz, den das Velo einnehmen darf. Es geht auch um Lärmemissionen, deren Grenzwerte wir seit Jahren nicht einhalten und es geht auch um den zu erwartenden Verkehrskollaps aufgrund der Autobahnsanierung.
Wir haben keine Wahl, wir müssen jetzt handeln. 10 Jahre minimale und örtliche Verbesserungen, zum Teil sogar Verschlechterungen, sind ein Armutszeugnis!