Die VBSG am Ende?
Ich habe mal wieder ganz viele Fragezeichen…. Ausgelöst wurden sie durch eine Ausschreibung, die heute publiziert wurde. Der Titel: „Ladepunkte für Batterietrolleybusse an den Endhaltestellen“ oder etwas detaillierter:
Der Auftrag umfasst die gemeinsame Entwicklung des Ladepunkt, die Dokumentation für das Bewilligungsverfahren, den Bau, die Testung, Montage und Inbetriebnahme
Der Auftrag wurde bereits freihändig an die Kummler+Matter AG vergeben.
Soweit die Tatsachen. Jetzt frage ich mich, wieso gibt es jetzt dich eine Ladestation für Elektrotrolleybusse? Haben wir nicht gerade erst den Bau von Oberleitungen in Angriff genommen? Dies nach einem jahrelangen Affentheater? Ein Affentheater mit Urkundenfälschungen, ewigen Verzögerungen, Einsprachen, Dieselbussen im Winter….Nicht zu vergessen, die Million pro Kilometer, die Oberleitungen jeweils kosten.
Ich kann mich an ganz viele Diskussionen erinnern, in denen ich nachgefragt habe, weshalb man die Busse nicht an den Endhaltestellen auflädt. Mir wurde von höchster Stelle erklärt, dass dies aus verschiedenen Gründen nicht notwendig oder wenig sinnvoll sei. Schliesslich werden die Busse ja über Oberleitungen mit Energie versorgt und kürzere Abschnitte können problemlos im Batteriebetrieb überbrückt werden. Zudem sind Endhaltestellen nur Wendeplätze ohne Aufenthalt und somit als ganz normale Haltestellen zu betrachten. Es bliebe keine Zeit, die Busse aufzuladen.
Und jetzt? Jetzt gibt es doch eine Ladestation. Ich fühle mich auf gut Deutsch ziemlich verarscht. Was treibt die VBSG an uns während Jahren Oberleitungen für mehrere Millonen als die beste und einzige Lösung zu verkaufen um dann am Ende doch die Busse an den Endhaltestellen aufzuladen? Und das erst noch für einen Viertel der Kosten eines Oberleitungskilometers?
Während ich das schreibe, sitze ich ratlos in einem Battertrolleybus
Darüber wurde bereits letztes Jahr berichtet, jedoch nicht direkt von den VBSG. Die Ladestation ist bei der Endhaltestelle Hinterberg vorgesehen. Im Gegensatz zur Linie 8 kann die Linie 7 beim Ostast nicht an einer Fahrleitung laden. Solch eine Ladestation gibt es nur bei Kummler+Matter, welche auch bereits die Fahrleitungen sowie Weichen und Kreuzungen liefern, daher wurde es wohl nicht ausgeschrieben.
«Für die Linie 7 ist ein zusätzlicher Ladepunkt in Hinterberg geplant. Hier wird ein neues Produkt der Firma Kummler&Matter aufgestellt, bei dem die Stromübertragung direkt über eine Klemme an den Seiten des Stromabnehmerschuhs erfolgt. Der Strom kommt vom Gleichrichter Stationsweg, die rund 600 m Anschlussleitung kann größtenteils in Rohrblöcken der Stadtwerke verlegt werden, nur für rund 150m müssen Tiefbauarbeiten durchgeführt werden.»
Quelle: https://trolleymotion.eu/trolleynews/beitrag/?id=10485%2F
Video zur Ladestation: https://youtu.be/kc7J_VqODvY
*Westast nicht Ostast
Während für die Linien 3, 4 und 6 mehrere Kilometer zusätzliche Fahrleitung gebaut werden, weil dies aufgrund der Länge dieser Linien auch notwendig ist – dort wäre die Standzeit in den Endhaltestellen im Verhältnis zur Fahrzeit viel zu kurz, und die Linie 8 am westlichen Ende nochmals ein Stück Fahrleitung mit nutzen kann (bis zur Wendeschleife Stocken), kann dies die Linie 7 nicht. Die Linie 8 profitiert damit von der früheren Elektrifizierung der Linie 2 nach Wolfganghof und der jetzigen der Linien 3 und 4 in der Fürstenlandstrasse, also einer zusätzlichen Synergie. Für die Linie 7 ist eine Ladestelle an der Endstation dagegen die günstigste Lösung (die für die Linien 3 und 4 nicht ausgereicht hätte). Zudem ist die Ladestelle Hinterberg sehr nahe am bestehenden Gleichrichter in Bruggen (Fürstenlandbrücke), während an anderen Stellen dafür neue lange Leitungen hätten gebaut werden müssen.
Ist das wirklich so schwierig zu verstehen, dass etwas in einem Fall eine gute Lösung sein kann, in einem anderen Fall nicht?
Winterthur, Zürich, Luzern. Bern, Biel, Fribourg, Neuchâtel, La Chaux-de-Fonds, Vevey-Montreux-Villeneuve und Lausanne haben übrigens – mindestens für einzelne Linien – dasselbe System mit Batterietrolleybussen gewählt wie St. Gallen – fast alle Städte, die bisher schon Trolleybusnetze hatten. Offensichtlich ist die gewählte Lösung in diesem Fall die günstigste.
Grüezi Herr Rossi
Vielen Dank für ihre Rückmeldung.
Dass Oberleitungen für Trolleybusse funktionieren ist unbestritten 😉
Mir geht es um die Nachteile der Leitungen. In der Stadt St.Gallen kostet 1km Oberleitungen rund 1 Mio. CHF. Dann sind sie z.Bsp. bei Baustellen völlig unflexibel. Die meisten Busse können zwar automatisch abbügeln, das autonome Anbügeln ist jedoch nur an spezifischen Orten möglich. Die Chauffeure müssen also aussteigen und selber anbügeln. Bei grösseren Baustellen mit viel Busverkehr stehen jeweils Mitarbeitende vor Ort. Dann haben wir auch noch mehrere grössere Anlässe in der Stadt, die nicht oder nur teilweise mit Oberleitungen erschlossen sind. Das sind z.Bsp. CSIO, Olma und Offa sowie das OpenAir Festival
Das wir auf den Linien 3 und 4 aufgrund von Einsprachen und einer Dokumentenfälschung mehrere Jahre wieder ausgemusterte Dieselbusse (speziell im Winter) einsetzen mussten ist ein weiterer Punkt. Das ganze hat uns doch einege hundertausend Franken gekostet, die nicht zwingend waren.
Zu den Ladezeiten und den Streckenlängen:
Ich habe mich mit mehreren Chauffeuren von Bernmobil unterhalten. An der Endstation Bremgarten steht eine Ladestation. Die Busse verkehren ohne Oberleitungen auf einer ähnlich langen Strecke (Bremgarten – HB Bern) und mit mehreren doch eher steilen Anstiegen. Das funktioniert soweit sehr gut und die Ladungen reichen problemlos. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass hier seitens VBSG mehr möglich wäre,
und wir die Diskussion „Trolley Ja oder Nein“ führen müssen und zwar bevor wir wieder neue Busse anschaffen. Leider war das STadtparlament bislang noch nicht dazu bereit. Nicht zuletzt weil der mittlerweile pensionierte VBSG-Direktor die Diskussion gar nie zugelassen hat.
Sie irren sich. Das System mit In-Motion-Charging, also der Ladung während der Fahrt, ist über das Ganze gesehen wesentlich effizienter. Der Strombezug erfolgt kontinuierlicher und ist daher günstiger. Die Strecke Abtwil bis Wittenbach ist viel länger als die erwähnten Strecken in Bern und die Fahrzeuge würden wesentlich grössere Batterien brauchen. Damit sind sie schwerer und viel teurer. Ebenso sind die Ladestationen aufwendig und teuer, die Stromzuführung muss genau dorthin erfolgen wo die Ladestation steht. Für eine derart lange Strecke würde zudem eine wesentlich längere Ladezeit benötigt, so dass pro Linie mindestens ein Fahrzeug mehr notwendig wäre. Dies alleine macht den Betrieb mit Fahrleitung auf die Dauer bereits günstiger.
Bern baut aus genau diesem Grund die nächste Linie, die bisherige Linie 10 nach Köniz ebenfalls nach dem IMC-Trolleybussystem; dort werden ebenfalls leistungsfähige Doppelgelenktrolleybusse zum Einsatz kommen wie in St. Gallen.
Bei IMC-Trolleybusse kann dagegen das ganze bestehende Netz mit genutzt werden was einen sehr grossen Synergieeffekt ergibt.
Die von Ihnen dargestellte Unflexibilität ist völlig falsch: genau dank dem IMC-System werden Trolleybusse sehr flexibel. Die meisten Städte beschaffen daher künftig nur noch solche statt konventionelle Trolleybusse.
Dank ihrer Batterien können sie auch Bremsenergie besser verwerten und verbrauchen weniger Strom als konventionelle Trolleybusse. Einerseits können die Eindraht-Trichter relativ einfach auch für Bauarbeiten kurzfristig überall angebracht werden (macht Bern zZ sehr aktiv), andererseits ist manuelles Eindrahten immer möglich. Das kostet ca. 1min, mit einem MA auf Posten z.B. bei einem Verkehrsunfall gibt es gar keinen Zeitverlust.
Reine Gelegenheitslader-Batteriebusse sind dagegen schwerer und teurer und für stark befahrene Strecken daher weniger wirtschaftlich. Ein der Schweiz werden sie bisher nur in Schaffhausen, in Basel (Linie 50) und in Bern (Linien 17 + 21, künftig 19) eingesetzt, wenige Dutzend Fahrzeuge. Dagegen wurden hunderte IMC-Trolleybusse geordert.
Der Bau der Ladestationen wird übrigens auch durch Einsprachen behindert (in Bern Linie 19).
Grundsätzlich ist auch das unerträgliche Verhalten mancher Einsprecher gegen demokratisch gefällte Entscheide nicht ein Fehler des Systems Trolleybus, sondern ein Fehlverhalten der beteiligten Personen, denen man die Mehrkosten dafür auferlegen sollte.