Digitale Bildung – Stadt, wohin willst du?
Eigentlich wollte ich mich beim anstehenden Traktandum 3 an der morgigen Sitzung des Stadtparlamentes zurückhalten. Mit zurückhalten meine ich meinen Blog, im Stadtparlament werde ich dann schon auch noch etwas sagen 😉
Es ist nicht ganz einfach gegen Digitale Bildung zu argumentieren. Es ist ziemlich unbestritten, dass es hier einen Effort braucht um das Verpasste aufzuholen. Das heisst aber nicht, dass man eine Bildungsvorlage, die sich um Digitale Bildung kümmert nicht kritisch gegenüber stehen darf.
Aber um was genau geht es?
Grob zusammengefasst um die Beschaffung von Geräten für Lehrpersonen der Primar- und Oberstufe, Geräte für Schülerinnen und Schüler der Oberstufe in der Höhe von 1.2 Millionen CHF und um die Schaffung von unterschiedlichen Stellenprozenten für Support und Unterhalt der Geräte.
Wie argumentiert der Stadtrat?
Mit der Geräteaufstockung ist auch eine Neuorganisation des Geräteeinsatzes verbunden. Die Bereitstellung von Geräten in Informatikzimmern und die Zuweisung von zusätzlichen Geräten an die Klassenlehrperson sind überholt und entsprechen nicht mehr den Anforderungen. Deshalb wurde im
Vorlage Stadtparlament vom 22.2.2022
Schuljahr 2021/22 ein Vorprojekt bei sieben ersten Klassen der Oberstufe Centrum gestartet. Dieses
umfasst eine 1:1-Endgeräte-Ausstattung der Schülerinnen und Schüler mit Informatik-Geräten. Dieses
Vorprojekt soll Erfahrungen im Einsatz von persönlichen mobilen Endgeräten sowie weiteren Handlungsbedarf bezüglich des Betriebs sowie der Unterrichts- und Personalentwicklung aufzeigen.
Es läuft also ein Vorprojekt, nein kein Projekt, ein Vorprojekt. Gestartet wurde es im August 2021, also vor rund 6 Monaten. Das Vorprojekt hat folgenden Zweck
Das seit Sommer 2021 in der Oberstufe Centrum laufende Vorprojekt dient dazu, entsprechende Erfahrungen zu sammeln, um das Knowhow aufzubauen, welches für eine 1:1-Endgeräte-Ausstattung notwendig ist. Ergänzend geht es im Vorprojekt auch darum, Erkenntnisse zu gewinnen, um die Organisation von Betrieb und Support und um die Unterrichts- und Personalentwicklung auf die neuen Dimensionen auszurichten.
Vorlage Stadtparlament vom 22.2.2022
Da frage ich mich, auf welcher Grundlage der Stadtrat diese Vorlage verfasst hat. Begonnen hat er damit praktisch parallel zum Start des Vorprojektes. Das geht aus dem Zeitplan der Umsetzung hervor:
Ich behaupte jetzt mal (auch aus meiner langjährigen Erfahrung in IT-Projekten), dass es in einer solch kurzen Zeit nicht möglich ist, die notwendigen Erkentnisse zu gewinnen. Noch dazu aus einem sogenannten Vorprojekt, das noch nicht abgeschlossen ist. Es scheint mir auch sehr fragwürdig, dass man Stellen plant, obwohl keine Detailkonzepte vorliegen.
Was stört mich noch?
Der wichtigste Punkt aber ist, dass der Stadtrat hier vorprescht. Es kann ja duchaus Gründe geben, das man schneller sein will als der Kanton. Wenn aber die Stimmbevölkerung dem Kanton den Auftrag erteilt, eine IT-Bildungsoffensive im Umfang von 75 Millionen in Angriff zu nehmen, dann würde es sich lohnen, mal beim Kanton oder hier bei der pädagogischen Hochschule nachzufragen.
Denn es ist die pädagogische Hochschule, die den Auftrag hat, die Rahmenbedingungen für die Ausstattung zu prüfen und Umsetzungsvorschläge zu machen:
Die Stadt hat also beschlossen, dass sie nicht auf die Resultate der IT Bildungsoffensive, speziell der Teil der Pädagogischen Hochschule, zu warten, sondern aufgrund eigener Erfahrungen vorzupreschen. Wie so etwas ausgehen kann, hat unlängst die Bildungsdirektion der Stadt Bern bewiesen. Sie hat ein 25 Millionen Debakel verursacht!
Ich hoffe, der Stadtrat und das Stadtparlament sieht morgen Dienstag ein, dass es eben nicht einfach damit getan ist, Geräte und Stellen zur Verfügung zu stellen. Es würde uns allen gut anstehen auch bei der digitalen Bildung etwas besonnener und vorallem besser vorbereitet vorzugehen.