Eine Glosse wie ein gefällter Baum (traurig)

Eine Glosse soll erheitern, sie darf sarkastisch sein oder auch etwas ins Lächerliche ziehen. Damit geht sie aber sehr oft auch mit einem leichten Zähneknirschen einher.

Die heutige Glosse zum Thema Baumschutz und Weihnachtsbaum auf dem Klosterplatz ist aber eher eine Glosse über eine Glosse.

Die Autorin Christina Weder oder besser Christina Anna Weder Bruderer (SHAB-Auszüge), Verwaltungsrätin bei der Bruderer Immo AG mit Sitz in St. Gallen dürfte durchaus auch geschäftliche Interessen in ihre Glosse verpackt haben, womit es eben von der eigentlichen Glosse zur getarnten Abstimmungspropaganda wird.

So viel zur Transparenz und Interessenbindung

Der Baum, der jedes Jahr auf den Klosterplatz geflogen wird, fällt mit Sicherheit unter die Bauordnung (SRS 731.1) Art. 39 Bäume. die besagt, dass Bäume mit einem Umfang von 80cm gemessen auf der Höhe von 1m ab Boden nur mit einer Bewilligung gefällt werden dürfen. Das gilt aber nur, wenn der Baum auch in einem Baumschutzgebiet steht.
Ich kann mich nicht daran erinnern, dass bei der jährlichen Homestory zu den Bäumen ein allfälliges Baugesuch irgendwie thematisiert wurde. Im Gegenteil, die Bäume werden den Besitzern ja nicht weggenommen, sondern sie werden stets gespendet. Wie viele Bäume in den letzten Jahren in einem bereits bestehenden Baumschutzgebiet gewachsen sind kann ich nicht sagen, aber selbst wenn. Für die Besitzer/Spender der Bäume würde das nichts anderes heissen, als ein Online-Formular auszufüllen. Gerne mit dem Vermerk, dass es sich um eine Spende für den weihnachtlichen Klosterplatz handelt.

Sollte ein solches Fällgesuch seitens der Baubewilligungskomission einmal nicht bewilligt werden, dann freue ich mich über eine echte Glosse von Frau Christina Anna Weder Bruderer und möglichst viele Schnitzelbänke an der St.Galler Fasnacht. Wer weiss, vielleicht reicht es sogar zum Füdläbürger. Nächstes Jahr wäre wieder eine Frau an der Reihe.

Ich tarne diesen Text übrigens auch als Glosse über eine Glosse

Mein Name ist Marcel Baur, ich bin von Beruf Informatiker, Mitglied der grünliberalen Partei der Stadt St.Gallen, Stadtparlamentarier und habe genau zwei Einträge im schweizerischen Handelsregister. Einen zum Eintritt in die Stiftung Naturmuseum St.Gallen und einen zum Austritt.

Ein kleines Update

Das Tagblatt hat mittlerweile die Kommuentarfunktion unter dem Text deaktiviert. Auch finde ich keinen Hinweis auf eine Glosse oder ähnliches. Der Text von Frau Weder erscheint wie ein normaler Bericht.
Das macht die Sache für das Tagblatt nur noch heikler.
Greift eine Journalistin derart tief in einen Abstimmungskampf ein und deklariert ihre Interessenbindung nicht, dann wäre das an und für sichein Fall für den Presserat.
Aus meiner Sicht reagiert hier die Tagblatt-Redaktion völlig fahrlässig. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten. Entweder man deklariert den Text korrekt und transparent oder man zieht ihn zurück. So geht es auf jeden Fall nicht.