Entlastung oder einfach Verlagerung?
Mittlerweile ist die Antwort des Stadtrates auf die Interpellation „Interpellation Marcel Baur, Peter Olibet und Christian Huber: Auswirkungen Anschluss Güterbahnhof auf den öffentlichen Verkehr“ online. Behandelt wird sie nächste Woche am 21.3.2023 im Stadtparlament.
Dazu nochmals ein Input mit Hilfe der Verkehrsauswertung von TomTom (bevor mein Testaccount abläuft).
Bei dieser Auswertung habe ich als Ausgangspunkt die Teufenerstrasse unmittelbar nach der Kreuzung Riethüsli ausgewählt. Dies mit dem Ziel, die mögliche Entlastung der Teufenerstrasse bis zur Kreuzung Oberstrasse/Wassergasse herauszufinden.
Hier kommen wieder die 21% des Verkehrs ins Spiel, die von der Kreuzung im Riethüsli am Ende auf der Autobahn landen. Sprich 79% des Verkehrs verteilen sich auf das städtische Netz. Daran wird sich auch mit einem Anschluss Güterbahnhof nichts ändern. Letztlich ändern sich ja die Ziele des Verkehrs nicht. Diese sind nach wie vor die Wohn- und Arbeitsorte.
Was sich aber durchaus ändert ist der Verkehr auf der Teufenerstrasse. Durch den Liebeggtunnel ist eine theoretische Entlastung der Teufenerstrasse von 50 bis 60% möglich. Der Rest wird weiterhin die Teufenerstrasse nutzen. Beispiel die 40%, die an der Kreuzung Teufenerstrasse/Oberstrasse in die Wassergasse abbiegen. Für diesen Verkehr dürfte sich der Umweg via Liebeggtunnel kaum lohnen.
Am Anschluss Güterbahnhof aber kommt es zu einer massiven Verkehrszunahme. Nämlich um den Anteil des Verkehrs, der von Teufen her in den Liebeggtunnel fährt um die Teufnerstrasse zu meiden.
Es sind letztlich nur 12% des Verkehrs, die beim Güterbahnhofkreisel die Strasse nicht verlassen und weiter auf die Autobahn fahren. 88% müssen beim Güterbahnhofkreisel raus! Egal ob ihr Ziel nun in Richtung Rorschach (Autobahn) liegt oder irgendwo auf Stadtgebiet.
Für den Anschluss Güterbahnhof heisst das, er muss so dimensioniert werden, dass er diesen Verkehr schlucken kann. Gelingt das nicht, dann wird er zum Nadelöhr und die Rückverlagerung auf die Teufenerstrasse wird Tatsache.
Nimmt man jetzt die in der Interpellation erwähnten Bedenken des Städteverbandes, dass der Strassenverkehr durch die Teilspange attraktiver wird, dazu, dann wird der Verkehr von Teufen her wieder zunehmen und mein oben geäussertes Scenario mit der Rückverlagerung auf die Teufenerstrasse wird real.
Was gewinnt die Stadt? Temporär ist eine Entlastung der Teufenerstrasse möglich. Diese wirkt solange, wie der Anschluss Güterbahnhof den Verkehr schlucken kann.
Was verliert die Stadt? Sie bekommt am Güterbahnhof einen neuen Knoten, an dem sich mehr Achsen bündeln als heute. Die St.Leonhardbrücke kommt an den Anschlag. Sie ist auch ein Knotenpunkt für 8 ÖV-linien, auf die der Anschluss massive Auswirkungen haben dürfte. Der Stadtrat äussert sich dazu nur ausweichend.
Es mag sein, dass einige Gebiete in der Stadt kurzfristig vom Anschluss Güterbahnhof profitieren können. Aufgrund der vom ASTRA prognostizierten Verkehrszunahme dürfte das jedoch nur vorübergehender Natur sein. Zudem wird der Knoten St.Leonhardstrasse durch den Kreisel am Güterbahnhof massiv mehr belastet und die Verflechtungen werden komplexer. Wenn der neue Anschluss den Verkehr nicht schlucken kann, dann hat dies massive Auswirkungen auf den innerstädtischen Verkehr,
Dem ASTRA mag das egal sein, aber der Stadt darf es nicht egal sein.
Insofern ist die Antwort des Stadtrates auf die Interpellation nichtssagend. Sie kann die Vorbehalte des Städteverbandes und der Interpellanten nicht entkräften. Sie wirkt teilnahmslos und kommt wie eine Medienmitteilung mit den immer gleichen Textbausteinen daher.
Übrigens die Horrorscenarien, die uns von Seitens ASTRA, Kanton und den Befürwortern aufgetischt werden betreffen ausschliesslich die Stunden des Berufsverkehrs. Sprich rund 4 Stunden pro Tag.
Die restlichen 20 Stunden und die Wochenenden darf man ganz getrost als völlig unproblematisch bezeichnen (Ich werde das mit neuen Zahlen nochmals aufarbeiten). Es ist auch eine Frage der Verhältnismässigkeit, ob der Milliardenbau für die probelmatische Zeit von max. 10%/Tag sinnvoll ist, wenn 90% der Zeit keine grossen Problem bestehen.
Danke, Marcel, ich finde deine Analysen sehr aufschlussreich und danke dir, dass du die Diskussion mit Fakten führst.