Feigenblatt Ladenöffnungszeiten

Ich habe lange gezögert, nun mache ich es doch, weil es mich ärgert, wenn eine Plattform Müll schreibt. Die Ostschweiz hat einen Text veröffentlicht, der die liberalisierten Ladenöffnungszeiten thematisiert. Beim Text von Stefan Millius, der weder als Meinung noch als Glosse gekennzeichnet ist, stimmt ganz vieles nicht. Das möchte ich hier zeigen. Beginnen wir bei der Einleitung zum Artikel:

Der St.Galler Stadtrat hat mit seiner Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten alle überrascht.

Überrascht wurden diejenigen, die sich nicht mit dem Forum Zukunft Innenstadt auseinandergesetzt haben. Dass der Stadtrat die Liberalisierung der Öffnungszeiten vorantreibt ist schon sehr lange bekannt (Spätestens seit dem 4. April 2018) und auch schriftlich festgehalten:

Quelle:
Präsentationsfolien Forum „Zukunft St.Galler Innenstadt“ vom 4. April 2018

Dafür wächst die Gefahr, dass die Stadtregierung nun denkt: Das muss ja wohl reichen

Diese Aussage suggeriert, dass die Massnahme weit und breit die Einzige sei, die die Stadtregierung umsetzen möchte. Das ist mehr als falsch. Insgesamt wurden gleich mehrere Massnahmen seitens Stadt (oder mit aktiver Unterstützung) in Angriff genommen und auch umgesetzt. Dazu gehören:

  • City Manager, umgesetzt als Citymanagementboard
  • Digitale Vernetzung, umgesetzt mit dem Citymessenger
  • Koordinatation und Kommunikation
  • Gestaltung Aussenraum, gestartet mit Märlistation am Blumenmarkt
  • Öffnungszeiten
  • Sternenstadt
  • Parkierungssituation, Warenumschlag, Handwerkerparkplatz, Cateringbewilligungen, Delivery at Home
  • Touristische Angebote
  • Zwischennutzungen, PopUpStores

Zu all diesen Massnahmen gab/gibt es Projektgruppen bei denen Mitarbeiter von Standortförderung, St.Gallen-Bodensee-Tourismus, Stadträte, Dienststellen entweder federführend oder mindestens involviert sind/waren.

Das war bislang nur der Leadtext, der, wie unschwer zu erkennen ist, nichts verwertbares enthält. Kommen wir nun zum eigentlichen Text:

Wenn sich die Stadt gastfreundlich und spannend präsentiert, wenn sie lebt, wenn Veranstaltungen stattfinden können, dann kommen die Menschen.

Dazu gibt es seitens der Stadt mehrere Massnahmenfelder mit unterschiedlichen Ansätzen, Ideen und konkreten Plänen. Gut möglich, dass diese dem Autor nicht passen. Das heisst aber nicht, dass die Stadt nichts getan hat!

Aber gefühlte 90 Prozent der Detailhandelsflächen in der Stadt sind mit Weltmarken gefüllt, bei denen es keine Rolle spielt, ob man in Zürich, Basel oder St.Gallen shoppt.

Das stimmt und entspricht auch meiner Sicht. Nur, wer ist dafür verantwortlich? Die Anbieter, die Vermieter, die Kundschaft? Vermutlich alle zusammen, aber sicher nicht die Stadt. Der Aufschrei (insbesondere von Millius) wäre riesig, würde die Stadt versuchen, direkt oder indirekt Einfluss auf den Branchenmix oder das Produkte-Angebot nehmen

Vor diesem Hintergrund sind längere Öffnungszeiten, so willkommen sie im Grundsatz aus ordnungspolitischer Sicht sind, ziemlich wirkungslos, wenn sie nicht von weiteren Attraktivitätssteigerungen begleitet werden.

Wie bereits erwähnt wurden schon 2017 insgesamt 10 Massnahmenfelder mit mehreren Teilprojekten definiert.

Dass St.Gallen «tötelet» und dringend belebt werden müsste, ist seit Ewigkeiten ein Thema. Der Stadtrat kann nun sagen: «Wir haben den Detailhändlern ja mehr Möglichkeiten gegeben, nützen müssen sie diese selbst.»

Das kann und darf der Stadtrat. Denn die im partizipativen Verfahren erarbeiteten Massnahmenfelder wurden alle in Angriff genommen. Es liegt jetzt tatsächlich an den Detailhändlern, die Chancen zu nutzen.

Nur: Die Parkplatzsituation ist noch immer dieselbe, die Innenstadt präsentiert sich nicht plötzlich gastfreundlicher, die Gastronomie hat noch immer dieselben Auflagen. Und nach wie vor ist die Frage, ob ein Kundenstopper im öffentlichen Raum zwei Zentimeter zu weit links ist, für die Verwaltung viel wichtiger als eine boomende Stadt.

Die Stadt ist durchaus Gastfreundlich. Natürlich ist auch aus meiner Sicht nicht alles perfekt. Es macht halt einfach keinen Sinn, wenn man die Bemühungen, Aktionen und Tatsachen ignoriert um seine persönlichen Unmut niederzuschreiben. Was Millius ist schlicht falsch und Meinungsjournalismus. Die Parkplatzfrage ist kein Wunschprogramm. Da gibt es unter anderem ein Entscheid des kantonalen Verwaltungsgericht, dem die Stadt Folge zu leisten hat. Das wird aber nie erwähnt, weil es den Autoturbos halt nicht gefällt.

Zu den Auflagen in der Gastronomie. Auch hier verschweigt Millius einiges. Unter anderem gab es zusätzliche Verlängerungen/Freinacht, die selektiv beantragt werden können (Superbowl-Bewilligung). Nach wie vor am Laufen sind weitere Abklärungen zu Gebühren und Bewilligungen.

Auch hier tut der Autor so, als ob nichts gehen würde. Vielleicht sollte man als seriöser Journalist zumindest die offiziellen Unterlagen, die für alle seit Monaten jeweils zeitnah und ungefiltert veröffentlicht wurden, zuerst studieren.
Hätte der Millius das getan, dann wüsste er auch, das hier einiges noch immer am Laufen ist. Aber eben, warum erwähnen, wenn die Absicht hinter dem Text klar ist.

Man will die Stadt in die Pfanne hauen. Das ist einfacher als seriös zu Arbeiten.

Hervorgegangen ist die Idee übrigens aus einem Nebengleis des Projekts «Zukunft St.Galler Innenstadt». Nun kann man nur beten, dass das nicht bereits die beste Idee aus diesem Kreis war.

Falls noch immer jemand einen Beweis benötigt, dass es dem Autor nur um billige Polemik geht, der bekommt gegen Ende den endgültigen Beweis.

Die Öffnungszeiten werden seit 2017 diskutiert und zwar auf ganz konkretem Niveau. Sie wurden auch nie auf einem Nebengeleise des Forums erarbeitet, sondern schon 2018 ein Stück weit definiert.

Aber in einem Punkt gebe ich Millius recht. Auch ich vermute, dass diese Liberalisierung der Öffnungszeiten nicht wirklich etwas bringt.

Es ist aber schlicht Bullshit, hier der Stadt Vorwürfe zu machen, sie habe nichts oder einfach das Falsche getan. Der Millius liebt die Provokation und scheut nicht davor zurück seine persönliche Meinung in einen vermeintlich redaktionellen Text zu verpacken. Ob das der Ostschweiz hilft? Ich bezweifle es. Aber mein Beitrag hier ist ja Werbung, keine Positive zwar, aber egal, hauptsache Werbung.