Mitwirkung Engpassbeseitigung: Keine Kapazitätserhöhung

Meine letzten Bemerkungen zum Mitwirkungsbericht sind noch nicht ganz vollständig. Insbesondere eine spezielle Antwort in der Mitwirkung benötigt eine etwas ausführlichere Betrachtung.

Konkret geht es um diese Antwort im Mitwirkungsbericht:

Mit dem Projekt Zubringer Güterbahnhof werden keine zusätzlichen Kapazitäten geschaffen, sondern der Durchgangsverkehr wird an den richtigen Ort verlagert, wo er sicher und verträglicher fliessen kann.
Allen Verkehrsteilnehmenden, die in und um die Stadt unterwegs sind und nicht nur der öffentliche Verkehr, sondern auch die Auto- und Velofahrenden sollen schneller an ihr Ziel gelangen. Auch für die Quartiere, die stark von Lärm, Abgasen und Staus belastet sind, wird der Verkehr verträglicher. Die Massnahmen sollen niemanden benachteiligen oder bevorteilen.

Da stellen sich mir gaaaanz viele Fragen. Beginnen wir mal oben im Riethüsli bei der geplanten Einfahrt in den Liebeggtunnel. Für diesen Verkehrsabschnitt rechnet das Verkehrsmodell mit einer Verkehrszunahme von sage und schreibe 45.6 %. Wir bauen also einen Autobahnanschluss, der trotz einer massiven Zunahme keine Kapazitätserweitrung beinhaltet???

Auch unten im Tal an bester Lage sieht die Verkehrsprognose so aus:

Die St.Leonhardstrasse bekommt 35.9% mehr Verkehr und die Davidstrasse sogar 39.8%! Und trotzdem handelt es sich nicht um eine Kapazitätserweiterung?, sondern „um eine Verlagerung an Orte, an denen der Verkehr sicher und verträglicher fliessen kann“ -> sprich in Richtung Innenstadt! Gleichzeitig baut man eine St.Leonhardsbrücke aus (dies trotz einer Prognose von: – 15.7%!!) und hebt gleichzeitig Busspuren auf.
Die Begründung:

Das Projekt hilft dem ÖV auf der Strasse wie auch dem Langsamverkehr indem ein grosser Teil des
Durchgangsverkehrs
(Rosenbergstrasse +9.1% ) durch die Stadt unterirdisch abgewickelt wird, reduziert sich der MIV-Verkehr an der Oberfläche und verschafft so dem öffentlichen wie auch dem Langsamverkehr mehr Platz

Natürlich muss man das in einem grösseren Rahmen sehen (Ironie):

Der Einfluss des Projekts auf den öffentlichen Verkehr kann nicht auf den Knoten St.Leonhard-Strasse reduziert werden. Dafür ist eine Betrachtung des Gesamtsystems notwendig. Sämtliche Busse, die über den Knoten St.Leonhard-Strasse verkehren, passieren ebenfalls den Knoten Kreuzbleiche. An der Kreuzbleiche kommt es heute in den Spitzenstunden regelmässig zu Verspätungen von über 3 Minuten

Kleiner Tipp: Verspätungen lassen sich ziemlich einfach beheben. Sie beziehen sich auf einen selbst erstellten Fahrplan der sich im Vergleich zum Bauprojekt verhältnismässig einfach anpassen lässt 😉

Passend dazu, die vermutlich am häufigsten verwendete Antwort im Mitwirkungsbericht:

Bevölkerung und Mobilität werden in den nächsten Jahren wachsen. Ohne den geplanten Ausbau können die Strassen in der Stadt St.Gallen den Verkehr künftig nicht mehr bewältigen.

Was denn jetzt? Ein Ausbau oder doch ein „Projekt ohne zusätzliche Kapazitäten“?????
Ziemlich seltsam oder ich habe mal wieder nichts verstanden und reisse alles aus dem Kontext und überhaupt habe ich keine Ahnung von Verkehr!

Eigentlich egal, denn es geht noch weiter:

Längerfristige Verkehrsprognosen (Anmerkung: Prognose über das Jahr 2040 hinaus) sind nicht verfügbar. Bereits die gemachten Betrachtungen bis ins Jahr 2050 wurden durch den Bund in den Verkehrsperspektiven 2050 mittels Szenarien ermittelt. Bei eineren weiteren Schätzung in die Zukunft werden die Prognosen zu unzuverlässig.

Das heisst nichts anderes, als dass wir frühestens am Tag der Eröffnung eine Idee bekommen, ob der Anschluss auch wirklich benötigt wird. Wenn euch als jemand erzählen will, dass „Bevölkerung und Mobilität werden in den nächsten Jahren wachsen. Ohne den geplanten Ausbau können die Strassen in der Stadt St.Gallen den Verkehr künftig nicht mehr bewältigen. Es kommt zu mehr Staus und das auch ausserhalb der Stosszeiten. Mit dem Projekt sollen sowohl der Autoverkehr als auch der öffentliche Verkehr und der Fuss- und Veloverkehr in Zukunft weiterhin sicher und zuverlässig ans Ziel kommen“ dann dürft ihr eine solche Aussage also problemlos in den Wind schiessen. Denn sie wissen es nicht und geben es auch zu.

Eigentlich ist das ganze Projekt im allerbesten Fall nur auf 10 Jahre nach in Betriebnahme ausgelegt. Weil alles was danach kommt ist unzuverlässig! Hier müssten die Finanzpolitiker aber zackig auf die Hinterbeine stehen. Mehrere Milliarden für etwas, das genau 10 Jahre lang Sinn macht? Oder spekulieren sie auf eine Sportvision Ost mit einer unterirdischen Skipiste im Liebeggtunnel ab dem Jahr 2050??? Das würde aufgrund der Klimaveränderung eigentlich mehr Sinn machen…..

Beim nächsten Punk möchte ich mich eigentlich nicht wirklich äussern (und ich tue es trotzdem), damit ich nicht wieder eins auf den Deckel bekomme

Wichtig zu wissen: Bereits heute wird der Verkehr in der Stadt St.Gallen intelligent gesteuert und wo möglich werden Busse bevorzugt. Solche Massnahmen bringen aber auf lange Sicht nicht die notwendige Entlastung.

Wenn die Defintion einer intelligenten Verkehrssteuerung auf einer Busbevorzugung beruht, dann ist die Verkehrssteuerung vermutlich tatsächlich intelligent….

Wie intelligent unser Verkehr gesteuert wird und wie fortschrittlich unsere Verkehrsmodelle sind, zeigt sich auch an der folgenden Aussage:

Das Verkehrsmodell für die Region St.Gallen wurde in den Jahren 2021 und 2022 überarbeitet und aktualisiert. Das vorliegende Verkehrsmodell weist den IST-Zustand 2017 sowie die beiden Prognosezustände 2040 und 2050 auf. Der IST-Zu-stand wurde auf das Jahr 2017 festgelegt, da zu diesem Zeitpunkt die letzten zuverlässigen grossflächigen Zählungen durchgeführt wurden welche von der Coronapandemie unbeeinflusst sind sowie der Grundlage des Nationalen Personenverkehrsmodells (NPVM2017) welches ebenfalls mit dem IST-Zustand 2017 arbeitet. Die Prognosezustände 2040 und 2050 wurden aufgrund der Grundlage des Nationalen Personenverkehrsmodells (NPVM 2017) gewählt. Das Verkehrsmodell entspricht dem aktuellen Stand der Erkenntnisse und die Grundlage des Nationalen Personenverkehrsmodells ist national anerkannt.

Man rechnet folglich mit Daten, die 7 Jahre alt sind und leidiglich eine Prognose bis zum Erföffnungstag liefern können? Das im Jahr 2024, im Zeitalter von Echtzeitdaten, Künstlicher Intelligenz und alternativen, tagesaktuellen sowie öffentlichen zugänglichen Verkehrsdaten von Navigationsherstellern…
Und auf einer solchen Basis verlochern wir Milliarden….

Der geplante Pförtner in der Liebegg wird zwar einen wichtigen Beitrag zum Verkehrsmanagement leisten. Aber zusätzlich zum Verkehrsmanagement braucht es längerfristig bauliche Massnahmen wie zum Beispiel den Zubringer Güterbahnhof mit dem Tunnel Liebegg.

Der Zubringer Güterbahnhof ist nur ein Beispiel!!!! für eine längerfristige Massnahme? Dann bringt doch bitte noch weitere Beispiele….

So, mir ist gerade die Lust vergangen. Dieser Murks hat weder Hand noch Fuss. Er strotzt vor Widersprüchen unerklärlichen Zahlenspielereien und wird mit Daten untermauert, die 10 Jahre nach Eröffnung als nicht zuverlässig prognostiziert werden können….Und dafür sollen wir Milliarden ausgeben?

Und noch etwas zur Ideologie: Es gibt ganz viele Leute, die sich intensiv mit dem Anschluss auseinandersetzen. Klar, wir wollen den Anschluss nicht und trotzdem versuchen wir mit Argumenten und Fakten zu erklären, warum der Anschluss keinen Sinn macht.
Bei den Befürwortern jedoch werden die Widersprüche und teilweise nicht nachvollziehbaren Aussagen als Argumente herbeigezogen ohne sie ernsthaft und objektiv zu hinterfragen. Einfach weil man den Anschluss will. Jetzt könnt ihr mir gerne sagen, wer hier ideologisch unterwegs ist.

Quellen: Sämtliche Zitate stammen 1:1 aus dem Mitwrkungsbericht Zubringer Güterbahnhof
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