Pro und Kontra Autobahnanschluss Güterbahnhof

In den Podiumsdiskussionen und Meinungsartikeln fehlt mir nach wie vor eine objektive Pro und Kontra Sicht aus den beiden Lagern am grünen und bürgerlichen Rand. Beide extremen Seiten haben ihre Argumente. Das ist so, das muss so und soll auch so.
Ich versuche schon seit längerer Zeit herauszufinden, wo denn die tatsächlichen Vorteile liegen würden, wenn der Anschluss kommen sollte. Habe ich positive Auswirkungen gefunden? Stellt euch vor, das habe ich:

Das Riethüsli und die Teufenerstrasse dürften tatsächlich entlastet werden. Das scheint mir sehr logisch und nachvollziehbar.

und weiter?

Weiter komme ich nicht, ich finde nur noch Nachteile. Und jetzt sollen mir die Autoenthusiasten bitte klar und sachlich erklären, wo es noch Vorteile gibt. Oder reicht dieser Vorteil tatsächlich aus? Überwiegt das all die Nachteile, die wir uns mit dem Anschluss einhandeln?

Das wären dann nämlich doch ziemlich viele und meist auch nicht ganz so offensichtliche:

  • Seid ihr euch zum Beispiel bewusst, dass die Stadtmusik aus ihrem Probelokal geworfen wird, damit das ASTRA dort ihr Planungs- und Baubüro einrichten kann?
  • Seid ihr euch bewusst, dass die Stadt eine 110’000 Volt Leitung verlegen muss, dami die 3. Röhre gebaut werden kann? (Eine Einfache Anfrage dazu habe ich bereits eingereicht und ich warte auf eine Antwort)
  • Seid ihr euch bewusst, dass nicht nur die Olmahalle 9 vom Bau der 3. Röhre betroffen ist? Die Arena, die Halle 7 und auch die Halle45 sind betroffen. In welchem Ausmass kann man nur abschätzen
  • Seid ihr euch bewusst, dass man viel Geld in die St.Leonhardbrücke investieren muss? Nicht etwa weil der Verkehr dort zunehmen würde (was er vermutlich aber tut), sondern aus dem einfachen Grund, dass 40-Tönner aus der Ausfahrt Güterbahnhof in Richtung Kreuzbleiche ausfahren können? Der Kurvenradius ist nämlich ohne eine Verbreiterung zu klein.
  • Seid ihr euch bewusst, dass die Busspur, die heute auf der St.Leonhardstrasse eingezeichnet ist, wegfallen wird, damit die Verkehrsführung korrekt umgesetzt werden kann?
  • Was ist mit den Erschütterungen während der Tunnelbohrungen? Kann eine Firma wie Schott ihre Glasflaschen-Produktion für medizinische Zwecke aufrechterhalten? Ähnliches gilt für die Pharmaproduzentin CSL Vifor im Sittertobel.
  • Seid ihr euch bewusst, dass am Güterbahnhof das grösste innerstädtische Entwicklungsgebiet dem Markt entzogen wird? Dort kann in Zukunft kaum ein Baum gepflanzt werden. Geschweige denn etwas gebaut werden. (Der essbare Park über dem Stephanshorntunnel lässt grüssen. Dort hat das ASTRA klar gemacht, dass es noch nichtmal Schrebergärten zulassen wird)
  • Seid ihr euch bewusst, dass das Postlogistik-Zentrum am westlichen Ende vermutlich die Koffer packen muss, weil es keinen Platz mehr hat?

So reihen sich ganz viele kleinere Nebenschauplätze aneinander, die wenig mit Ideologie zu tun haben, sondern die ganz rational angeschaut werden müssen.

Die Frage, ob die Entlastung der Teufenerstrasse also alle Nachteile aufwiegen kann ist absolut legitim. Unverständlich ist es deshalb, dass man von Seiten Befürworter keinen Mucks hört, wo denn die Nachteile sind.

Ich appelliere deshalb an all die objektiven Menschen, überlegt euch gut auf welche Seite ihr euch schlagen wollt. Gratis gibts den Anschluss nicht. Auch dann nicht, wenn das ASTRA die Hauptlast trägt.

Ich bin nicht bereit, blind ins Verderben zu rennen. Viel zu viele Fragen sind offen und werden in absehbarer Zeit auch nicht beantwortet. Würde es sich bei diesem Projekt um ein rein kantonales oder städtisches Projekt handeln, die kritischen Stimmen wären viel breiter verteilt.

Unter anderem auch, weil ganz aktuell bereits wieder ein grosses Vorhaben in der Stadt in eine nächste Runde muss. Die Bibliothek, das Platztor, der Marktplatz, das Busdepot….Kanton und Stadt schaffen es nicht, Grossprojekte im ersten Anlauf auf den Boden zu bringen. Beim Autobahnanschluss bleibt man völlig unkritisch, wenn nicht sogar blauäugig. Das gilt für die Parteien genau so wie für den STadtrat, der sich partout nicht traut uns klaren Wein einzuschenken. Dass der Kanton dies nicht tut, ist angesichts der allgemeinen Autoeuphorie (Pendlerabzug lässt grüssen) wenig überraschend. Wobei auch der Kanton eine Verantwortung hat, die er in Sachen Aufklärung aber nicht wahrnimmt.