Sankt Wo Wohnmobil?

Der Stadtrat hat am 3.12.2019 (also noch vor Corona) den Auftrag erhalten, einen Bericht zum Thema «Wohnmobil-Stellplätze und deren wirtschaftlicher/touristischer Mehrwert für St.Gallen» zu erstellen.

Der Bericht liegt nun vor und wird am 11. Januar 2022 im Stadtparlament behandelt. Zusätzlich zum Postulatsbericht gibt es eine 106 seitige Studie der Fachhochschule Graubünden mit dem Titel „Potenzialstudie über einen Reisemobilstellplatz im Stadtgebiet St. Gallen“. Auftraggeber war die Standortförderung der Stadt St.Gallen

Mein Fazit vorneweg:

Der Stadt sind Wohnmobil-Touristen ziemlich egal

Wie komme ich dazu?

Die Stadt schreibt im Bericht, dass die 2 Stellplätze beim Paul-Grüninger-Stadion:

Der Markt der Wohnmobil-Reisenden hat sich in den vergangenen Jahren und insbesondere seit der
Erheblicherklärung des Postulates im Dezember 2019 aufgrund der Covid-19-Pandemie sehr positiv
entwickelt. Diese Entwicklung steht im Widerspruch mit dem knappen Angebot an Stellplätzen in der
Stadt St.Gallen.

Postulatsbericht

Die Studie schätzt das Potential für die Stadt zusammenfassend so ein:

Das Logiernächtepotential für die Stadt St.Gallen durch städtische Reisemobilstellplätze bewegt sich laut der Studie zwischen ca. 4’600 – 7’800 Logiernächten

Postulatsbericht

Die Stadt aber findet

Aufgrund der Einschätzungen der Reiseströme und des Ausgabeverhaltens der Zielgruppe ist die zusätzliche Wertschöpfung für die Stadt im Vergleich zu Hotelgästen als gering einzuschätzen, da die
Übernachtung selbst wesentlich günstiger ist als in einem Hotel.

Postulatsbericht

Die Stadt kalkuliert mit den reinen Einnahmen, die Wohnmobiltouristen für den Stellplatz ausgeben und stösst ihnen sogar noch vor den Kopf in dem sie ihnen vorwirft „zu günstig“ zu übernachten:

Die Studie
schätzt, dass Reisemobilistinnen bzw. -mobilisten rund CHF 85 bis 90 pro Tag ausgeben. Das sind
rund CHF 70 weniger als Touristinnen und Touristen mit Hotelübernachtung: die Reisemobilistinnen
und -mobilisten haben ihre Unterkunft dabei und geben deshalb kein Geld für Hotelübernachtungen
aus
.

Postulatsbericht

Was di Stadt dabei vergisst (die Studie weist übrigens darauf hin) ist, dass ein Wohnmobil-Tourist kein Tourist ist wenn er nicht kommt. Er wird auch nie Geld für ein ein Hotel ausgeben, weil er ja nicht kommt. Zusätzlich ist ein Tourist der nicht kommt gemäss Mundpropagande-Regel mindestens 5 Touristen die nicht kommen (Camper wissen wovon ich spreche).

Man fragt sich also schon, weshalb die Stadt Hundertausende von Franken in eine „Sankt-Kampagne“ steckt, aber die zur Zeit sehr stark anwachsende Gruppe von Wohnmobiltouristen schlicht ignoriert. Ganz ehrlich, ich finde das schlicht nur peinlich!

Aber schauen wir mal, was die Stadt denn so genau vorhat mit den Stellplätzen, denn Handlungsbedarf ist vorhanden oder findet jemand, dieser Platz lädt zum Übernachten ein?

3 Standorte hat die Stadt für sich evaluiert

  1. Kreuzbleiche
  2. Olma-Messen
  3. Areal Bach

Die Kreuzbleiche kommt „Zitat: als Stellplatz nicht in Frage.“
Der Betrieb auf dem Areal der Olma-Messen „Zitat: darf keinesfalls mit den Kongress- und Messeveranstaltungen in Konflikt geraten.“
Das Areal Bach muss warten „Zitat: Hier sollen aber zunächst die Ergebnisse der weiteren Planung der Gleisüberdeckung abgewartet werden“

Bleiben also die 2 Plätze beim Paul Grüninger Stadion:

Die beiden Stellplätze beim Paul-Grüninger-Stadion sind grundsätzlich weiterhin betriebsfähig. Abwasser kann entsorgt und Frischwasser bezogen werden, auch Strom steht zur Verfügung. Ebenso
kann das nötige Parkticket gelöst werden. Die technische Anlage müsste jedoch für mindestens
CHF 30’000 erneuert werden. Diese Kosten liessen sich nicht amortisieren. Aus diesem Grund erachtet die Stadt eine Erneuerung momentan als nicht sinnvoll.

Postulatsbericht

Selbst wenn jetzt die Standortförderung mit den Olma-Messen schaut, ob das Angebot weitergeführt werden kann, wird das nicht ohne zusätzliche Kosten seitens der Stadt gehen:

Die Stadt St.Gallen, namentlich die Standortförderung, ist mit den Olma Messen St.Gallen in Kontakt
und klärt, ob ein Betrieb vorerst auf die kommenden drei Jahre (Sommer 2022, 2023 und 2024) fest
eingeplant werden kann. Dafür sind die Betriebskosten im Detail zu eruieren und deren Finanzierung
zu gewährleisten inkl. Gästebetreuung.

Postulatsbericht

Zurück zu meinem Fazit:

Der Stadt sind die Wohnmobiltouristen ziemlich schnurzegal. Sie ist noch nichteinmal bereit auch nur eine halbwegs funktionierende Infrastruktur bereitzustellen (sie will keine 30’000 CHF für die Sanierung aufwenden) und verärgert damit unsere Gäste.
Im Falle der Olma-Messen dürfte der städtische Aufwand wohl kaum tiefer als die 30’000 CHF ausfallen und die Stadt bleibt auf den Goodwill und das Programm der Messen angewiesen.

Geht man so mit Gästen um? NEIN!
Und es bestärkt mich im Gefühl, dass unsere touristischen Aktionen, Vereine, Dienststellen und andere Tourismus-Organisationen dringenst überprüft werden müssen. Man kann nicht auf der einen Seite eine „Sankt-Aktion“ durchführen und auf der anderen Seite einfach mit der Schulter zucken. Denn jeder Tourist, der sich wohlfühlt bringt witere Touristn. Dabei ist es herzlich egal, wer wo und wie übernachtet.