Whatsapp und die Sache mit dem Adressbuch

Nach langem Hin und Her versuche ich es hier zu erklären.

Der Datenschutzbeauftrage des Kantons Zürich hat ein Datenschutzlexikon für Schulen (PDF) veröffentlicht. Dort findet sich ein eigener Abschnitt zu Whatsapp. Er erläutert den Grund, weshalb WhatsApp für die Schulen ungeeignet ist. Diesen Abschnitt hat auch Herr Zemp, Oberster Lehrer der Schweiz für seine ablehnende Haltung herangezogen.
Beide verkennen leider die Situation etwas. Es spielt nämlich absolut keine Rolle, ob WhatsApp für schulische Zwecke oder auf dem selben Gerät ausschliesslich Privat verwendet wird. Und gerne erkläre ich auch, weshalb die Eltern eine Rolle spielen, obwohl sie nie erwähnt werden.

Als erstes aber der Abschnitt aus dem Datenlexikon:

Wird Whatsapp genutzt, übermitteln die Nutzenden fortlaufend die Kontaktdaten ihres Mobiltelefon-Adressbuches
an Whatsapp und auch an Facebook (Whatsapp gehört seit 2014 zur Facebook-Unternehmensgruppe).
Die Daten werden beim Herunterladen der App bekanntgegeben,
aber auch später, wenn das Adressbuch verändert wird. Dabei werden auch Kontaktdaten von
Personen weitergeleitet, die Whatsapp nicht nutzen und in die Bekanntgabe ihrer Daten nicht
eingewilligt haben. Alle Daten, nicht nur die Kontaktdaten, werden in die USA weitergeleitet und
dort gespeichert.
Nutzen Lehrpersonen oder andere schulische Mitarbeitende Whatsapp, um untereinander oder
mit den Schülerinnen und Schülern Informationen auszutauschen, müssten, um einen rechtmässigen
Umgang mit den Daten zu garantieren, alle Betroffenen, also alle Personen, die im Adressbuch
verzeichnet sind, eingewilligt haben. Die Nutzung von Whatsapp durch Lehrpersonen und
die anderen schulischen Mitarbeitenden ist nicht rechtmässig, da es solche vollständigen Einwilligungen
praktisch nicht gibt.
Datenschutzkonforme Lösungen sind erhältlich. Siehe Merkblatt Kommunikationssoftware.

Das tönt ja soweit einleuchtend

  1. Gehen wir davon aus, dass Lehrpersonen und Schüler die Empfehlung gewissenhaft umsetzen und auf den Einsatz von WhatsApp für schulische Zwecke verzichten.
  2. Halten wir aber auch fest, dass es Lehrpersonen und auch Eltern sehr wohl gestattet ist, WhatsApp privat zu verwenden. Die 16-Jahre Regel ist umstritten (Rechtsanwalt Martin Steiger: Ist WhatsApp an Schulen «illegal»?) . Deshalb habe ich die Eltern dazu genommen und die Kinder weggelassen, ja die Kinder spielen keine grosse Rolle!
  3. Kontaktdaten (Private Mailadressen, Telefonnummern, Handynummern) von Lehrpersonen und Eltern werden üblicherweise in Adressbüchern gespeichert. Adressbücher werden in den allermeisten Fällen über mehrer Geräte und Konten synchronisiert. Google, Outlook, Exchange, Apple Mail)
    Eltern haben also Mailadressen und Telefonnummern von Lehrpersonen gespeichert und Lehrpersonen die Daten von Eltern. Solche Daten kommen in der Regel via Klassenlisten, Telefonketten, Notfalllisten für Schulreisen usw. zusammen.
  4. Eltern und Lehrer nutzen nun im privaten Bereich WhatsApp. Um die App nutzen zu können, müssen sie ihr Adressbuch auf dem Handy für das Tool freigeben.
  5. Hoppla, jetzt ist es also genau das passiert, was der Datenschutzbeauftragte in seinem Lexikon verhindern wollte. Und zwar ganz ohne die Beteiligung von Schülern und ohne auch nur einen Buchstaben schulischer Aktivitäten via WhatsApp geteilt zu haben.

Ihr seht, die Apps sind allesamt so ineinander verzahnt, dass es unmöglich ist, keine persönlichen Daten zu teilen, wenn sie synchronisiert und auf dem Handy gespeichert werden.

Aus diesem Grund sehe ich absolut keinen Sinn mit Verboten, Polemik und harten Worten den Mahnfinger zu erheben. Alle sind wir Teil (bewusst oder unbewusst) dieser Kontaktdatenbörse.

Ich hatte dazu mal einen Text als Kolumne für eine Online-Plattform deren Name ich nicht nennen möchte verfasst. Der Titel: Verbote lösen nichts

„WhatsApp hat an Schulen nichts verloren“ – So wird der oberste Lehrer der Schweiz in den Medien zitiert.

So richtig schlau werde ich daraus jedoch nicht. Meint Herr Zemp jetzt, die zu Facebook gehörende Plattform WhatsApp, oder allgemein Programme, die eine ähnliche Nutzung ermöglichen?
Da er im selben Interview jedoch E-Mail als Alternative vorschlägt, tippe ich darauf, das ihm der Markt für Nachrichten-Programme sowie deren Verwendung nicht wirklich bekannt ist. Dabei gäbe es nebst unzähligen Anderer auch noch Produkte aus der Schweiz.

Aber, WhatsApp ist derart verbreitet und anerkannt wie kein anderes Programm mit ähnlicher Funktion. Die Kids vernetzen sich in Sportvereinen, planen ihre Freizeit mit Gschpänli und ja, sie besprechen auch Hausaufgaben. Das Lehrpersonen den Kanal ebenfalls nutzen liegt ganz einfach an der breiten Akzeptanz des Tools.

Ja, es gibt ein Datenschutzproblem bei WhatsApp. Und zwar weil alle Kontaktdaten vom Handy auf die Server hochgeladen werden, ohne dass dies betroffene Personen wissen. Das ist aber auch schon fast alles, das gegen WhatsApp spricht. Alle anderen Datenschutzverletzungen werden durch die Benutzer selber verursacht. Auch Mobbing und ähnliche Dinge sind nicht das Problem der Software, sondern der Anwender.
Den Lehrpersonen, Medien und auch den Datenschützern würde es gut anstehen, wenn sie das Thema sachlich und ohne Empörung angehen würden. Dass die Kids (und ein Grossteil der Erwachsenen selbstverständlich auch) so kommunizieren ist ein Fakt. Genau deshalb müssten die Pädagogen jetzt beweisen, dass sie in der Lage sind, Medienkompetenz zu vermitteln. Was macht man mit solchen Programmen, was nicht, was ist unter Umständen sogar strafbar und warum kostet WhatsApp nichts…Es gibt noch dutzende andere Themen, die man im Umgang mit solchen Programmen vermitteln könnte unter anderem auch, ob es eben Alternativen gibt, die weniger problematisch im Umgang mit Adressdaten sind.
Müsste da nicht gerade der oberste Lehrer für einen sinnvollen Einsatz an Schulen eintreten? Schliesslich fordert die ganze Schweiz digitale Bildung und Medienkompetenz. Es scheint aber wichtiger zu sein, dass unser Nachwuchs inklusive Lehrpersonen programmieren lernt anstatt sich mit der alltäglichen digitalen Welt auseinander zu setzen? Ein „Verbot“ von WhatsApp ist aus meiner Sicht nun nicht wirklich medienkompetent.