Autohasser – Nicht wirklich, das Problem ist ein anderes

Mir wird oft vorgeworfen, ich sei rein ideologisch geprägt und hasse Autos. Dies weil ich mich in der Stadt für flächendeckend Tempo 30 und gegen den Autobahnanschluss am Güterbahnhof einsetze.

Vorab: Unsere Familie (4 Personen, 3 davon dürfen fahren)) teilt sich ein Auto . Ein Auto, dass den heutigen ökologischen Ansprüchen eigentlich nicht genügt. Es ist ein Diesel-Van mit Camping-Ausstattung, den wir auch für unumgängliche (teils auch aus Bequemlichkeit) Fahrten benützen. In aller Regel hat aber auf Stadtgebiet der ÖV klar den Vortritt.

Ich möchte hier kurz aufzeigen, wo ich das Problem mit dem Autoverkehr auf Stadtgebiet sehe und wie ich vorher geschreiben habe, auch ich bin ein Teil davon.

Vergleich mit anderen Städten

Das Bundesamt für Statistik liefert uns jährliche Zahlen zu den immatrikulierten Fahrzeugen auf den Schweizer Strassen. Auf dem Interaktiven Statistischen Atlas der Städte findet sich ein Vergleich von 9 Schweizer Städten

Quelle: Nationaler Atlas / Mobilität / Motorisierungsgrad / 2020 / Motorisierungsgrad 2020

Hier sieht man, wie viele Motorfahrzeuge pro 1000 Einwohner in den Kernstädten und in den Agglomerationen im Jahr 2020 immatrikuliert waren.

Wir stehen in der Deutschweiz an erster Stelle. Für mich ein klares Fazit. Es geht auch mit weniger Autos ohne dass eine Stadt gleich stirbt. Die direkten „Konkurrenten“ Winterthur und Luzern weisen einen deutlich tieferen Wert auf als St.Gallen

Autos sind zu gross

Ein weiteres Problem sehe ich darin, dass die gekauften und gefahrenen Autos für den innerstädtischen Verkehr einfach zu gross sind. Ein Grössenvergleich bietet sich an:

EIn Mini aus dem Jahr 1963 vs, Mini aus dem Jahr 2016 (Quelle: Süddeutsche Zeitung)

Mit dem Wachstum hat sich natürlich die Sicherheit der Insassen rein physikalisch gesehen deutlich verbessert. Für die Fussgänger jedoch eher verschlechtert. Es wird aber auf den ersten Blick klar, neue Autos brauchen mehr Platz. Sei es auf der Strasse, auf dem Parkplatz oder in der Tiefgarage.

Neue Autos (also eigentlich die Reifen) sind laut

Das mag auf den ersten Blick Humbug sein. Ist es auch, wenn man den Motorenlärm betrachtet und zwar völlig unabhängig ob Verbrenner oder Elektrisch. Denn moderne Autos sind an und für sich sehr leise, SO leise, dass nicht das Motorengeräusch Lärm verursacht, sondern die Rollgeräusche. Da wir ja oben gesehen haben, dass Autos immer grösser wurden brauchen sie auch grössere Reifen. Ein Blick unter einen SUV (egal ob Elektrisch, Hyprid oder Verbrenner) hat wohl jede und jeder schon gewagt.

Das Bundesamt für Umwelt hat zusammen mit den Kantonen Aargau, Graubünden, Solothurn und Zürich eine Studie in Auftrag gegeben (Quelle: Lärmminderungspotential leiser Reifen auf gängigen Schweizer Strassenblägen Juni 2018)

Klar zu erkennen, je breiter die Reifen, desto lauter das Rollgeräusch. Die detaillierten Parameter für den Vergleich darf man gerne in der Studie nachlesen.

Autos sind ineffizient

Die beiden Kennzahlen von Energie Schweiz (auch zu finden beim Bundesamt für Energie) sagen eigentlich alles

Autos stehen praktisch immer still und wenn sie dann mal fahren, dann sind sie nur zu 20 bis 30% ausgelastet. Den Platz den sie fürs herumstehen benötigen kann sich jeder für sich selber ausmalen.

Und sonst?

Und was gerne vergessen geht, ist dass nebst der minimalsten Auslastung auch noch der Betrieb und der Wirkungsgrad dazu kommt. Motoren haben die EIgenschaft, dass sie nur einen Teil der Energie wirklich in die Forbewegung stecken. Beim Verbrennermotor beträgt der Wirkungsgrad irgendwas zwischen 20 und 30%, beim Elektromotor sind es rund 80%.. Ein Grossteil der Energie wird demnach „verschwendet“ und verpufft oder wird bei der Energiegewinnung verbraucht:

Quelle: Deutsches Bundesministerium für Umwelt

Das ist aber noch nicht alles, denn Autos haben ein Eigengewicht das bewegt werden muss. Die verbleibende Energie wird demnach nicht nur für den Personen oder Warentransport benötigt sondern geht direkt und ausschliesslich in den reinen Antrieb des Fahrzeugs (quasi unabhängig ob jemand drin sitzt oder nicht), was die Effizienz nochmals massiv reduziert.

Mein Fazit:

Das Auto (unabhängig vom Antrieb) ist ein höchst ineffizientes Gefährt mit grossen Nebenwirkungen. Wir nutzen es, weil wir es uns leisten können (Denn Vernunft existiert beim Thema Automobil äusserst beschränkt, wenn überhaupt). Nimmt man die oben ausgeführten Punkte zusammen müsste man sich eigentlich an den Kopf greifen. Ein Auto, so wie wir es heute kennen ist ökonomisch wie ökologisch völliger Blödsinn. Kein Wunder wollen es einige komplett verbieten.

Ich persönlich wünsche mir, dass wir uns zurückbesinnen. Die Autos (insbesondere im innerstädtischen Verkehr) müssen wieder kleiner werden, Grösse, Gewicht, Reifen, Auslastung, Platzbedarf usw. sind alles Parameter, die das Auto für die durchaus erwünschte persönliche Freiheit und unabhängige Mobilität wieder vertretbar machen könnten.

Es ist nun so, dass dies in erster Linie durch die Konsumenten bestimmt wird. Da dies aber leider nur sehr bedingt funktioniert muss sich die Politik Gedanken machen, wie man den Konsumenten ein Stück weit „umerziehen“ kann. Sei es durch die Sensibilisierung oder finanzielle (postive wie negative) Anreize oder wenn das alles nicht funktioniert halt mit drastischeren Mitteln. Tun wir es nicht und fuhrwerken wir so weiter, dann überrollt uns die Verkehrslawine gnadenlos. Zum Schaden aller, inklusive den Blechkarossenfanatiker selber.

Ich hoffe, ihr seht dass ich niemandem das Autofahren verbieten möchte. Ich will eigentlich nur aufrütteln und aufzeigen, wie wir insbesondere in den Städten auch in Zukunft individuell und mit „Autos“ unterwegs sein könnten. Gelingt uns das nicht, dann sind weitere einschränkende Massnahmen unumgänglich. Zum Wohle Aller!

Selbstverständlich hilft auch jede Verlagerung vom Auto in Richtung ÖV, Velo oder Schusters Sohlen. Was definitiv nicht hilft, sondern kontraproduktiv ist, sind Ausbauten von Strassenverkehrsinfrastruktur die für die heutigen überdimensionierten und ineffizienten Autos gebaut wird!