Schönbüel = Schönfärberei
Das Astra steigt aufs Velo und packt den verbalen Drahtesel aus oder schiesst Fredi Vogl ab (ganz wie ihr wollt)
Es geht um die Schönbüelstrasse beim Autobahnanschluss Neudorf und damit um Verbindung der Martinsbruggstrasse mit der Rorschacherstrasse. Ein wichtiger Abschnitt weil das ein beliebter Geh-, Schul und Arbeitsweg ist.
Es geht ausnahmsweise nicht um das bauliche Vorhaben, sondern in erster Linie um das Wording in der Medienmitteilung.
Das neue Veloweggesetz bietet die Grundlage für ein breiteres Verkehrsnetz für alle, die gerne aufs Fahrrad steigen.
Es beginnt im ersten Satz:
Das neue Veloweggesetz also bietet Hand. Ja, das tut es. Nur müsste man es vielleicht lesen. Aber dazu später.
Mit dem Velo sind es rund zehn Minuten.
Wenn man für die Strecke in Zukunft 10min mit dem Velo braucht, dann schiebt man es entweder oder es handelt sich um eine völlige Fehlplanung. Sorry, ist mir so ausgerutscht.
Auf der Schönbüelstrasse angekommen, führt ein breiter Geh- und Radweg am Autoverkehr vorbei. Platz genug für den Velofahrer, die Joggerin und das Paar mit Hund – alle sicher und in ihrem Tempo.
Ein breiter kombinierter Geh und Radweg oder wie es nachher mehrfach heisst, ein Weg für den Langsamverkehr. Jetzt muss ich etwas ausholen.
Nehmen wir mal das spazierende Paar mit Hund. Wie viel Platz brauchen sie? Grob etwa soviel wie eine übliche Autobreite von knapp 2m. Denn ein bisschen Luft braucht es links und rechts, wenn ein Velo vorbeiradelt. Man kann auch Eltern mit einen Kinderwagen und einem Kind auf einem „Like a Bike“ nehmen. Wie breit ist denn jetzt der Gehweg? (Spoileralarm: ca. 3.50m). Wie ist er von der Radspur abgetrennt? (Spoileralarm: durch eine gelbe Linie) – Im Gegenverkehr!
Nicht wirklich viel Platz und sicher auch nicht sicher. Deshalb, und ich komme zurück auf das Veloweggesetz, Artikel 6,Absatz c:
Die für die Planung der Velowegnetze zuständigen Behörden sorgen im Grundsatz dafür, dass:
c) die Velowege sicher sind und der Veloverkehr, wo möglich und angebracht, getrennt vom motorisierten Verkehr und vom Fussverkehr geführt wird
Wie wenn es noch nicht ausreichen würde, dass die Schnelleren unter den Langsameren sehr nahe an den Fussgängern vorbeiradeln können, nein, sie müssen auch noch mit Gegenverkehr rechnen. Denn der Weg ist in beide Richtungen ausgestaltet. Also sowohl Fussgänger mit oder ohne Kinderwagen als auch Velos kreuzen sich auf ihren jeweiligen Spuren. Ob das dann wirklich so sicher ist?
Einige werden jetzt argumentieren, man muss halt Rücksicht aufeinander nehmen. Das ist soweit richtig. Beim MIV sieht es das ASTRA aber ziemlich genau anders. Damit Autofahrer keine Rücksicht nehmen müssen baut man die Autobahnen einfach aus. Es geht ja schliesslich um die Erreichbarkeit, um die Sicherheit….oder könnte man etwa mit etwas mehr Rücksicht auf den Milliardenschweren Ausbau verzichten?
Aber zurück zum Schön(büel)wettertext:
Am 1. Januar 2023 ist ein neues Veloweggesetz in Kraft getreten. Ziel des Gesetzes ist es, dass Velofahrerinnen und -fahrer bis 2042 ein breit ausgebautes und sicheres Verkehrsnetz erhalten. Doch das Gesetz kommt nicht nur den Verkehrsteilnehmenden auf zwei Rädern zu Gute: Mit dem Ausbau der Velowege bewegen sich Velo und Auto sowie Fussgängerinnen und Fussgänger oft nicht mehr auf derselben Fahrbahn, was das Unfallrisiko reduziert.
…nicht mehr dieselbe Fahrbahn…als ob Farbe Infrastruktur wäre. Fussgänger und Velofahrer begegnen sich auf einer relativ schmalen Spur im Gegenverkehr. Getrennt durch einen gelben Streifen. Ich behaupte das Gegenteil (was ich natürlich nicht beweisen kann): Diese Verkehrsführung erhöht das Unfallrisiko.
Pro Langsamverkehrsteilnehmer und Richtung stehen übrigens 87 cm zur Verfügung (3.5 Meter geteilt durch 4)
Immerhin geben sie es ein paar Worte weiter auch zu. Es geht ihnen nicht um das Velweggesetz, die Fussgänger oder Velofahrer. Es geht ihnen darum, den Autoverkehr vom ungeliebten Langsamverkehr zu befreien:
Dadurch, dass Velofahrerinnen und -fahrer weg von der Strasse kommen, wird auch der Motorverkehr flüssiger verlaufen.
Ok, ich gebe zu, das habe ich jetzt ziemlich negativ ausgelegt. Aber nach soviel Schön(büel)färberei habe ich kein schlechtes Gewissen deswegen.
Zum Veloweggesetz. Das Projekt wurde bereits im Jahr 2013 durch den Kanton ausgearbeitet. 2015 hat es der Bund übernommen. Das Veloweggesetz ist aber erst 2023 in Kraft getreten. Geschön(büel)t heisst das, Bund und Kanton waren in ihrer Zeit voraus oder etwas weniger schön(büel), das Gesetz kam gerade richtig um den Text der Medienmitteilung zu verschön(büel)ern.
Zum Ausdruck Langsamverkehr. Der mag zwar vor langer Zeit noch richtig gewesen sein. Er ist aber mittlerweile derart veraltet wie die Einstellung gewisser Verkehrspolitiker. Es ist keine Geheimnis, E-Bikes sind mit 45km/h unterwegs. Also fast gleich schnell wie der MIV. Es gibt Lastenbikes, die gemäss Artikel 175 Absatz 2 des VTS 1 Meter breit und 200kg schwer sein dürfen und die mit 45km/h unterwegs sein dürfen.
Bekanntlich dreht sich ja die Welt und auch das Transportwesen verändert sich. So wie hier in Hamburg (falls jemand von Emil Egger mitliest 😉
Mein Fazit zur Medienmitteilung:
Sagt doch einfach in einfachen Worten was Sache ist. Der Text dient doch einzig und alleine eurer persönlichen Rechtfertigung: „Wir tun etwas fürs Velo“ und wenn Velo drauf steht, dann muss es doch einfach gut sein.
Mich ärgern diese Schön(büel)-Färbereien massiv. Denn sie stimmen nicht. Der kombinierte Geh- und Radweg ist nicht sicher und er ist auch nicht attraktiv, wenn man ihn nicht mit einem gewissen Temoppo befahren kann. Und das Veloweggesetz ist dann für die Katz, wenn es den Verkehrsplanern hilft, die Strassen für den MIV vom Veloverkehr zu befreien. Denn dafür ist es definitiv nicht gedacht.
Auch Fussgänger dürften sich auf dem Weg nicht besonders wohl fühlen. Letztlich verliert hier der sogenannte Langsamverkehr mehr als er gewinnt.
Übrigens, wer mir einen längeren Abschnitt der sogenannten „Veloschnellroute“ in der Stadt St.Gallen bringt, der das Veloverkehrsgesetz nach Artikel 6 Abschnitt c) erfüllt bekommt ein Bier. Sämtliche Wege, die kürzlich eröffnet wurden oder geplant sind, sind kombinierte Geh- und Radwege. (Splügenweg, Passerelle Steinachstrasse, Burgweiherweg, Rosenbergstrasse/Ost/Lagerstrasse…..). Das ist Standard, nicht die Ausnahme!
5 Autospuren fast nur für Mörschwiler an der Kreuzung Rorschacher -/Schönbüelstrasse?
Die Leistungsfähigkeit des Steuerwettbewerbs muss erhalten bleiben!!!