Engpassbeseitigung – Im Ring mit Walter Locher

Wenn Kantonsrat Walter Locher unseren gemeinsamen St.Galler Bär auf seiner Webseite online stellt, dann darf ich das auch. Denn er passt bestens zu dem was ich jetzt vor habe 😉

Quelle: walterlocher.ch

Walter Locher wurde vom St.Galler Tagblatt interviewt. Das Interview ist heute erschienen und ich kann das so natürlich nicht einfach stehen lassen. Herr Locher (mit dem ich mich übrigens noch nie persönlich unterhalten habe) wirft den Gegenern der Engpassbeseitigung pauschal Ideologie vor. Er vergisst dabei, dass er selber ideologisch argumentiert jedoch seine Ideologie für die einzig Richtige hält. Insofern hat er also mit den rein ideologisch geprägten Gegnern durchaus etwas gemeinsam.

Ich versuche jetzt seine Aussagen im Interview aus meiner Sicht zu rechtfertigen und zwar so wenig ideologisch wie möglich.

Die Mobilität nimmt zu und die Erreichbarkeit der Stadt nimmt im fast gleichen Masse dramatisch ab. Wir müssen die Erreichbarkeit im Interesse der Stadt und ihrer Bewohner verbessern

Was bedeutet für Herrn Locher eine dramatische Abnahme der Erreichbarkeit der Stadt? Wenn er damit die Probleme mit der S-Bahn anspricht, dann gebe ich ihm recht. Bei den Autobahnen jedoch nicht. denn da hat sich baulich eigentlich nichts verändert. Meint er die Innenstadt? Auch dort hat sich baulich wenig bis nichts verändert und es darf sich bezüglich Strassenverkehr auch nichts verändern. Denn der motorisierte Verkehr, so wollte es das Volk, darf in der Stadt nicht zunehmen. 711.3 Reglement für eine nachhaltige Verkehrsentwicklung

Die Verkehrssimulation zeigt zudem klar, dass der Entlastungseffekt für die Stadt nur mit dem Gesamtprojekt inklusive Güterbahnhofanschluss und Liebegg-Tunnel eintritt.

Diese ominöse Verkehrssimulation existiert für die Öffentlichkeit nicht. Diese Aussage kann demnach nicht unabhängig geprüft werden. Damit das möglich wird, haben die Grünliberalen und Jungen Grünliberalen im Stadtparlament einen Vorstoss eingereicht. Bis wir diese Informationen sehen (Voaruassichtlich am 23.8.2022), ist das eine unbelegte Aussage von Herrn Locher. Interpellation glp/jgpl-Fraktion: Verkehrserhebung und Modellierung Engpassbeseitigung

Die Stadtbevölkerung hat an der Urne dem Projekt 2016 mit über 63 Prozent klar zugestimmt. Einmal mehr gibt es aber politische Kreise, denen demokratische Entscheide egal sind.

Was Herr Locher meint ist das „Initiativbegehren «Für ein lebendiges Areal Güterbahnhof ohne Autobahnanschluss» Die Stimmbürger haben nicht dem Anschluss Güterbahnhof zugestimmt, sondern die Initiative abgelehnt. Übrigens, die Grünliberalen haben empfohlen leer einzulegen, da weder Projekt noch Intitiative überzeugt haben. Insbesondere, weil die Abstimmungsfrage eine ganz andere war. Es ging um eine Anpassung der Gemeindeordnung, was viele von uns als den falschen Weg erachtet haben. Wir sind uns bewusst, dass uns das immer wieder vorgehalten wird. Zeigt aber, dass eben nicht alle ideologisch geprägt sind, sondern sich sachlich und objektiv der Sache angenommen haben.

Quelle: Abstimmungsvorlage vom 28. Februar 2016 (2818 kB, PDF)

Wir haben keine Klimakatastrophe, müssen aber alles tun, um einen Beitrag gegen den Klimawandel zu leisten. Die Terminologie von Grünen, SP und GLP ist reine Ideologie, fern von jeglicher Sachlichkeit.

Ich will es mal so formulieren. Die Klimakatastrophen kommen nicht von einem Tag auf den anderen. Das ist ein schleichender Vorgang und er beschränkt sich nicht auf die Stadt St.Gallen, den Kanton oder die Schweiz. Wenn wir also alles tun um einen Beitrag gegen den Klimawandel zu leisten, dann ist der Anschluss kein Bestandteil von „Alles“. Wir stecken mitten in einer weltweiten Klimakatastrophe. Nur weil sich die Auswirkungen bei uns in der Schweiz noch nicht wie eine Katastrophe anfühlen, heisst das nicht, dass wir nicht schon mittendrin sind. Die Hauseigentümer, die Herr Locher ja ebenfalls vertritt, werden es ihm danken, wenn sie wieder am Keller auspumpen sind und die Gebäude- und Hausratversicherer ihre Prämien massiv erhöhen müssen.

Was die Finanzierung angeht: Diese ist über die zweckgebundenen Mittel aus der Strassenkasse des Bundes und dem Strassenfonds des Kantons sichergestellt.

Zur Zeit sieht es so aus:

Quelle: Webseite Zubringer Güterbahnhof

Die Region – das heisst die Kantone St.Gallen und Appenzell Ausserrhoden, die Stadt St.Gallen und die Gemeinde Teufen – finanziert mit einem Beitrag von 150 bis 200 Millionen die Anschlüsse an die Stadt und den Tunnel Liebegg.

Das heisst, der Bund und die Kantone/Gemeinden rechnen beim Liebeggtunnel mit Kosten von 200 Millionen (+/- 30%). Es ist nirgends ersichtlich, wie viel davon die Stadt St.Gallen einbringen muss. Es ist aber auch völlig unklar, wer die zusätzlichen Kosten z. Bsp. für die Verbreiterung St.Leonhardbrücke, Umgestaltung der Kreuzungen usw. trägt. Letztlich wird das auch darüber entscheiden, ob es zu einer Volksabstimmung in der Stadt kommt oder nicht. Ich rechne nicht damit. Das Eisen ist so heiss, dass sich alle Beteiligten einen Kostenschlüssel ausdenken werden, der eine Volksabstimmung verhindert. Zahlen müssen wir das aber trotzdem.

Der Langsamverkehr für Velos und Fussgänger erhält neue und attraktive Verbindungen, zum Beispiel über die das Bahntrassee überquerende Zylipasserelle.

Zur Zylipasserelle die mitnichten abhängig vom Autobahnanschluss ist. Die Pläne existieren seit mindestens 2006 und wurden im Jahr 2020 vom Stadtparlament abgelehnt. Grund war, dass es sich um eine Provisorium für 1.5 Millionen handelte, dass eben genau wegen der Engpassbeseitigung nur provisorisch erstellt worden wäre.

Seit dem Jahr 2006 besteht ein Projekt für die sogenannte «Zylipasserelle», eine Langsamverkehrsverbindung von der Zylistrasse zum Schlosserweg, die eine Verbindung zwischen dem Quartier St. Otmar und dem Güterbahnhofareal und damit mit der geplanten Haltestelle Güterbahnhof herstellt.

Quelle: Güterbahnhof, provisorische Passerelle; Verpflichtungskredit

Die Erreichbarkeit der Stadt und die Verkehrsentlastung der Quartiere kann nur mit einer Ergänzung der vorhandenen Infrastruktur erreicht werden.

Hier hätte ich dann schon ein paar andere Ideen, wie man Quartiere auch sonst vom Verkehr entlasten kann. Es tönt zwar noch gut, ist aber pure Polemik oder eben Ideologie. Will man da die selbe Ideologie, die Herr Locher uns vorwirft, anwenden, dann reichen an den Quartiereingängen Fahrverbotstafeln mit Zubringerdienst gestattet ebenfalls 😉 Übrigens etwas, das mir zu weit geht.

Bund und Kanton haben diverse Varianten geprüft. Viele gescheite Köpfe haben alle möglichen Optionen gegeneinander abgewogen und empfehlen dieses Projekt. Ich habe Vertrauen in die Fachspezialisten und deren Expertisen, und die Lösung überzeugt.

Es ist nicht verwunderlich, dass Herr Locher den Experten bei Bund und den Kantonen traut. Sie sind ebenfalls sehr ideologisch geprägt und ganz auf der Wellenlänge von Herrn Locher. Der Direktor des ASTRA, Jürg Röthlisberger, ihr dürft ihn gerne googlen. Es gibt genügend Aussagen von ihm, die zeigen dass die beiden das Heu auf der selben Strasse haben.

Auf die Frage „Der Verkehr nach Osten wird weiterhin über den Anschluss St.Gallen-Kreuzbleiche geregelt. Kritiker bemängeln das einseitige Konzept.“ antwortet Herr Locher

Es ist doch interessant, dass Kritiker, die überhaupt keinen Ausbau wollen und nun bemängeln, dass er zu wenig weit gehe. Die Planung entspricht der Abschätzung der Verkehrsmengen. Dass die Kritiker diesen Punkt als Argument brauchen, ist reine Taktik. Oder möchten sie wirklich noch «mehr Strasse», wie sie selbst sagen würden?

Natürlich ist die Argumentation mit dem fehlenden Anschluss in Richtung Rorschach eine Taktik. Aber sicher nicht das einzige Argument. Wichtig ist, dass man der Bevölkerung reinen Wein einschenkt und ihnen erklärt, dass sie mit dem Kreisel beim Güterbahnhof eben keinen Vollanschluss bekommen, sondern nur Zürich bedient wird.

Die Ingenieure finden Wege, wie das Projekt sicher und umweltschonend realisiert werden kann. Bereits jetzt wurden ja auch Probebohrungen gemacht. Der Grundwasserspiegel wurde bei der Planung berücksichtigt.

Die letzten Sondierbohrungen wurden im Juni 2022, also vor 1 Monat, durchgeführt. Ich glaube kaum, dass bereits alles soweit ausgewertet ist, dass eine solche abschliessende Aussage zulässig wäre

Es lohnt sich übrigens die 12 Argumente auf teilspange.ch zu lesen. Denn ideologisch geprägt ist da nicht sehr viel. Und es sind auch Alternativen aufgeführt. Und wer mich auch jetzt noch als rein ideologisch geprägten Gegner betrachtet, möchte ich meine Carte Blanche in der 3. Ausgabe des Magazin Saint Gall ans Herz legen (online nicht verfügbar)