Mitwirkungsverfahren Dufourstrasse

Nachdem ich mich ein wenig beruhigt habe, möchte ich aufzeigen, weshalb dieses Mitwirkungsverfahren formal unbrauchbar und inhaltlich gegen sämtliche städtischen Konzepte und Regeln verstösst.

Die Informationen

Die Informationen, die der städtischen Bevölkerung für eine Einordnung zur Verfügung stehen sind knapp 9 Zeilen Text und insgesamt 4 Übersichtspläne. Das ist schon alles.
Die 9 Zeilen beschränken sich auf:

  • Verbreiterung der Strasse um 70cm in Richtung Norden
  • Dass davon 6 Bäume betroffen sind
  • Eine ebenerdige Haltekante an der Haltestelle Curtistrasse/Uni

Das wars. Alles andere muss man sich aus den Übersichtsplänen zusammenkratzen, sofern man in der Lage ist, die technischen Zeichnungen lesen zu können.
Es gibt zum Beispiel keinerlei Info, was die in den Plänen ersichtliche Lichtsignalanlage machen soll, Die rein subjektive Aussage „Die Dufourstrasse wird insbesondere im Winter immer wieder als Nadelöhr empfunden“ lässt sich nicht einordnen und sie wirkt tendenziös.

Ich halte dieses Mitwirkungsverfahren für völlig untauglich. Zu wenig Information, zu simple Begründung und kein Wort zu möglichen Nachteilen oder Einschränkungen. Ebenso fehlt bei der eigentlichen Begründung (sofern es denn eine ist) ein klare Aussage, weshalb dieses Projekt zwingend notwendig ist (auch im Hinblick auf die städtischen Finanzen) Denn alles was nicht zwingend notwendig ist, soll auch nicht ausgeführt werden.

Zum Inhalt

Hier muss ich ein bisschen weiter ausholen. Die angedachte Verbreiterung um 70cm betrifft die beiden städtischen Liegenschaften C2646 und C4641.

Auf diesen beiden Liegenschaften liegen sogenannte Eigentumsbeschränkungen;

Die Eigentumsbeschränkungen werden im ÖREB Register-Auszug, den man sich via Stadtplan rausziehen kann, genauer erläutert. Da beide Grundstücke die selben Eigentumsbeschränkungen aufweisen nenne ich sie nicht doppelt

  • Beide Liegenschaften liegen zu 100% in der Grünzone Naturschutz innerhalbBaugebiet
  • Beide Parzellen liegen zu 100% im Baumschutzgebiet BaS
  • Die Autobahn A1 führt direkt unterhalb der beiden Liegenschaften durch
  • Und beide Liegenschaften sind zu 100% bei den Lärmemissionen der Empfindlichkeitsstufe II zugeordnet.

Was das alles bedeutet, das erfährt man nicht. Das muss man sich äusserst mühsam via ÖREB Auszug zusammensuchen. Dort findet man die Links zu den rechtlichen Grundlagen. Hier der ÖREB-Auszug für die Parzelle C4641, Stand 14.2.2023, Quelle: Stadtplan St.Gallen:

Man baut hier also nicht irgendeine Strasse in einem Industriequartier aus, sondern verkleinert eine Parkanlage mit schutzwürdigen Funktionen. Nimmt man all das zusammen, dann muss man dieses Vorhaben mit ganz vielen Konzepten und Strategien abgleichen. Das beginnt mit dem Mobilitätskonzept, dem Stadtraumkonzept und endet beim Umweltkonzept (Vermutlich gibt es noch mehr, die mir grad nicht einfallen).

Als Bewohner dieser Stadt verlange ich, dass ein solches Projekt beim Start des Mitwirkungsverfahren bereits auf alle diese Punkte hin überprüft wurden und sich die Bevölkerung erst dann dazu äussert, wenn das Vorhaben bereinigt ist. Denn es ist für die Bevölkerung unmöglich, sich die Informationen selber zusammen zu suchen.

Im ultrakurzen Informationstext steht auch, dass der Abschnitt im Winter als Nadelöhr empfunden wird. Es wird uns nicht mitgeteilt, wer die Strasse als Nadelöhr empfindet. Das wäre aber essentiell für eine Beurteilung. Ist es die VBSG, die Problem mit dem Busbetrieb hat? Ist es vielleicht sogar das Tiefbauamt, das sich hier den Auftrag gleich selber vergibt? Oder ist es ein vorgeschobener Einwand, weil durch die geplante Überbauung auf der Girtannerwiese Mehrverkehr erwartet wird? Das TBA ist selber schuld, wenn solche Verdachtsmomente auftauchen. Mit mehr Transparenz könnte so etwas vermieden werden

Was sind mögliche Alternativen?

Ich habe es angetönt, in der Stadt gibt es sehr viele Vorgaben, Konzepte und Strategieen, die selbst bei kleineren Bauvorhaben berücvksichtig werden müssen. Anschliessend erfolgt eine Abwägung und erst dann entscheidet man, welchen Weg man gehen will.

In diesem Fall aber bekommen wir keinerlei Informationen zu den Überlegungen.
WIeso hebt man nicht einfach sämtliche Parkplätze auf und belässt die Strasse? Wäre ein Einbahnregime möglich oder spielt da das Lichtsignal eine Rolle? Was hat es mit dem Lastwagenverbot auf sich?

Das alles sind Punkte, die hoffentlich abgeklärt wurden. Denn ein Ausbau von Strassen für den MIV-Verkehr ist in der Stadt so nicht zulässig! Und das gehört in ein seriöses Mitwirkungsverfahren.

Zum Schluss noch etwas aus dem Strassengesetz des Kantons St.Gallen. Es gibt dort nämlich einen Abschnitt „Grundsätze, Beim Strassenbau sind besonders zu beachten:“

a) Schutz des Menschen und seiner natürlichen Umwelt;
b) Verkehrssicherheit;
c) Schutz der schwächeren Verkehrsteilnehmer, insbesondere von Fussgängern, Radfahrern und Behinderten;
d) Ortsbild- und Heimatschutz;
e) Natur- und Landschaftsschutz;
f) die anerkannten Grundsätze eines umwelt- und siedlungsgerechten Strassenbaus;
g) sparsamer Verbrauch des Bodens.

Quelle: 732.1 Strassengesetz (StrG), Art. 33 Absatz 1

Und dann gibt es noch einen Punkt, den ich bislang noch nicht verifizieren konnte resp. bei dem ich noch auf eine Antwort warte. Die beiden Grundstücke gehörten vermutlich zur sogenannten Schenkung Kirchhofer (1930). Gemäss unterschiedlicher Quellen (Beispiel Tagblatt aus dem Jahr 2011) war die Schenkung mit Auflagen an die Stadt verbunden. Dazu gehört sicher die Pflge des Grabmals, das sich in dem Park befindet. Ob es weitere Auflagen zum Schutz des Parkes und der Baumlandschaft gab muss ich noch herausfinden.

Fazit:

Dieses Mitwirkungsverfahren muss aus meiner Sicht umgehend zurückgezogen werden. Wenn das Tiefbauamt seine Arbeit gemacht hat und es tatsächlich findet, eine Verbreiterung der Strasse um 70 cm sei unumgänglich und entspricht auch sämtlichen Vorgaben, Konzepten und Strategien, dann können sie es nochmals bringen. Ich bin mir aber sicher, dass das nicht passieren wird. Dazu fehlt den Vernatwortlichen nämlich der Mumm und überhaupt die Eigenschaft, Fehler zuzugeben. Es wird wohl so sein wie immer, es gibt dutzende von Ausreden warum es unumgänglich ist, die Strasse zu verbreitern.
Meine einzige Hoffnung liegt beim verantwortlichen Stadtrat Markus Buschor. Er müsste erkennen, was da schief läuft.