Nein, die LBK will die Engpassbeseitigung nicht streichen!

Es ist schwierig mit dem Tagblatt. Ja, der Text gibt oberflächlich gesehen das wieder, was in der Liegenschaften und Baukomission (LBK) vorbesprochen und heute im Stadtparlament diskutiert wird. Es geht um den Richtplan und dort speziell um den Umgang mit dem Gesamtprojekt Engpassbeseitigung.

Der Teufel steckt aber bekanntlich im Detail und die sind nicht unerheblich plus sie werden im Tagblatt zum Teil fehlerhaft oder unvollständig wiedergegeben.

In dem Sinne ist das hier einmal mehr eine Medienkritik und weniger ein Votum für den Richtplan mit den Abänderungsanträgen der LBK

Beginnen wir beim Titel:

Der Güterbahnhof ist auch bei der Richtplan-Anpassung das heisseste Eisen – Kommission will Engpassbeseitigung streichen

Das ist falsch. Die Engpassbeseitigung besteht aus 3 Teilprojekten. Der 3. Röhre Rosenbergtunnel, dem Anschluss Güterbahnhof und der Pannenstreifennutzung. Die LBK will lediglich den Anschluss Güterbahnhof streichen und nicht das Projekt Engpassbeseitigung als Ganzes.

Quelle: Inforamtionsseite von Bund, Kanton und Stadt

Der wohl umstrittenste: Der Autobahnanschluss Güterbahnhof soll gestrichen werden

Hier wird der Titel korrigiert. Wie das bei den Leserinnen und Lesern ankommt kann ich aus der Ferne nicht beurteilen. Einige Online-Kommentare deuten aber darauf hin, dass dies nicht korrekt eingeordnet wird

Aber weiter im Text:

Es ist kein Geheimnis: Die Mitglieder der einflussreichen Liegenschaften- und Baukommission (LBK) im Stadtparlament sind alles andere als glühende Verfechter der geplanten Engpassbeseitigung mit Anschluss Güterbahnhof, Tunnel Feldli und Tunnel Liebegg.

Hier kommt bereits der nächste Fehler. Nun erscheint auch noch der Tunnel Liebegg. Dieser ist nicht Bestandeil des Projektes des Bundes. Er wird von den Kantonen SG, AR und der Stadt St.Gallen getragen. Ich halte erneut fest, die LBK will im Rahmen des Projektes keinen Anschluss Güterbahnhof. Dass der Liebeggtunnel ein Folgeprojekt ist macht den Text nicht richtiger.

Oder besser: eine Mehrheit der Mitglieder. Sie sind der Überzeugung, dass es diese Bauwerke für insgesamt 1,3 Milliarden Franken (3. Röhre Rosenberg inklusive) nicht brauche

Bei den 1.3 Milliarden lässt das Tagblatt dann den Liebeggtunnel wieder weg. Denn der kostet zusätzlich und wird vom Bund nicht übernommen. Die Kostenangabe stimmt demnach genau so wenig, wie die Zusammensetzung des Gesamtprojektes, dass das Tagblatt wie oben erwähnt mal so und mal so definiert. Ob es nun 1300 Millionen oder 1500 Millionen sind, speilt aber anscheinend keine Rolle. genau so wie die Kostenungenauigkeit von +/- 30% (Was im schlechtesten Fall heisst, dass die Sache auch 2000 Millionen kosten könnte)

Beispiel 1: Unter «Entwicklungsareale» würde der Stadtrat zum Güterbahnhof gerne folgenden Text im Richtplan lesen:

Das Tagblatt schreibt, dass die LBK die gesamte Passage streichen will. Das ist ebenfalls nicht korrekt. Am Ende soll der Text gemäss LBK folgendermassen lauten:

Das Areal ist im Zonenplan (Stand 2012) der Wohn-Gewerbe-Zone WG4 zugeteilt. Das Gebiet ist eine Entwicklungsreserve in der Innenstadt an zentraler, mit dem öffentlichen wie auch dem privaten Verkehr sehr gut erreichbarer Lage.

Dazu etwas grundsätzliches. Klar, wenn in einer vorherigen Version etwas drinstand, was jetzt raus soll, dann kann man das so lesen, dass man explizit etwas streichen will, oder man nimmt einfach eine Änderung vor, jedoch ohne eine explizite Ablehnung zu formulieren. Das ist nicht irrleveant, denn letztlich zählt die vom Stadtparlament verabschiedete Version. Frühere Versionen verlieren ihre Gültigkeit.
Das Beispiel 2 des Tagblatt-Artikels ist deshalb obsolet. Es handelt sich hier lediglich um eine Straffung des Abschnittes „S3.2 Wirtschaftliche Schwerpunktgebiete – b) Areal Güterbahnhof“

Zum Beispiel 3:

Auch beim Unterpunkt «Hochleistungsstrassennetze» ist die Engpassbeseitigung ein Thema. Es heisst, mit 3. Röhre und Teilspange würde «die Leistungsfähigkeit des Gesamtverkehrssystems gewährleistet, die Verkehrssicherheit erhöht und die Innenstadt entlastet». Auch davon will die LBK nichts im Richtplan lesen.

Hier lässt das Tagblatt weg, dass es in der alten Version des Richtplans 3 unterschiedliche Varianten gibt. Das Scenario A mit 3. Röhre inkl. Anschluss Güterbahnhof, das Scenario B nur mit 3. Röhre und das Scenario C ohne Anschluss Güterbahnhof und 3. Röhre, dafür mit flankierenden Massnahmen.
Die LBKwill lediglich das Scenario A streichen. Scenario B und C sollen bestehen bleiben.

So pocht die LBK im Kapitel Verkehrsentwicklung auf die prioritäre Behandlung von «nachhaltigen Verkehrsformen», wie etwa ÖV sowie Fuss- und Veloverkehr. Ihr Anteil am Gesamtverkehr solle gesteigert werden. 

Natürlich pocht die LBK darauf. Sie ist eigentlich dazu gezwungen. Denn es steht nichts anderes im Mobilitätskonzept und dem Reglement für eine nachhaltige Verkehrsentwicklung, das 2009 von der Stimmbevölkerung beschlossen wurde. Hier wird der Volkswille umgesetzt.

Quelle: Mobilitätskonzept 2040

Im Kapitel heisst es etwa, der Güter- und Gewerbeverkehr solle mit «geeigneten Verkehrsmitteln» bewältigt werden, etwa E-Cargobikes. Der Güterverkehr solle ausserdem effizient organisiert werden, sodass in der Stadt weniger Last- und Lieferwagen verkehren.

Auch das ist die konsequente Umsetzung des bestehenden Mobilitätskonzeptes 2040

Quelle: Mobilitätskonzept 2040

Mein Fazit:

Im Tagblatt-Artikel haben sich Fehler, Unstimmigkeiten und Ungenauigkeiten eingeschlichen, die in der Summe bei der Leserschaft zu falschen Sichtweisen führt. Da hilft es wenig, wenn der Text in der Summe soweit korrekt sagt, die LBK will den Anschluss Güterbahnhof nicht. Denn das ist die Quintesenz aus dem Ganzen.

Ich werde dann wieder etwas Kritik einstecken dürfen, ich soll nicht so pingelig sein. Es reicht doch wenn die Grundaussage stimmt….Nein, ich finde, das reicht nicht!